Werkstückspanntechnik
Zuverlässiger Baustein in der Prozesskette
Die Verzahnungsindustrie spielt eine bedeutende Rolle in der deutschen Fertigungsbranche. Neben Maschinen und Werkzeugen stellen die Spannmittel, optimal an das jeweilige Fertigungsverfahren adaptiert, einen wichtigen Hebel zur effizienten Produktion dar.
27. Juni 2023
1
Die Verzahnungsindustrie umfasst eine Vielzahl von Unternehmen, die sich auf die Herstellung von Zahnrädern, Zahnradkomponenten und verwandten Produkten spezialisiert haben. Einige der bekanntesten deutschen Unternehmen sind weltweit führend in ihren jeweiligen Nischen. Sie zeichnen sich durch hohe Präzision, Qualität und innovative Technologien aus. Diese Unternehmen bieten maßgeschneiderte Lösungen für verschiedene Branchen wie den Automobilsektor, den Maschinenbau, die Luft- und Raumfahrt, die Medizintechnik und die Energiewirtschaft.
Um innovative Lösungen für die fortschreitenden Bearbeitungstechnologien zur Verzahnungsherstellung zu entwickeln, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen den Herstellern von Verzahnungsteilen, Maschinen, Werkzeugen sowie vor allem den Spannmittelherstellern unumgänglich. Zu den langjährigen Akteuren im Markt gehört Hainbuch aus Marbach. Die Experten für Spanntechnik zählen zu den wichtigsten Ausrüstungspartnern der Fertigungsindustrie und haben ein großes Spannmittelsortiment für die unterschiedlichsten Verzahnungsaufgaben und -anforderungen im Programm.
Trends beim Verzahnen
Wir haben bei Oliver Nolte, Key-Account- Manager und Verzahnungsexperte bei Hainbuch, nach den Trends im Verzahnen aus Sicht eines Spannmittelherstellers, der sowohl als OEM-Ausrüster als auch als Nachrüster auftritt, gefragt.
Der Vertriebsexperte hat in zahlreichen Referenzprojekten bei großen Getriebeherstellern von der Standard- bis zur Sonderlösung inklusive schlüsselfertiger Automations- und Handlingeinrichtungen schon große Effizienz- und Produktivitätsgewinne erzielen können. Doch die nächsten Herausforderungen hält der technologische Wandel, Stichwort Elektromobilität, schon bereit.
„Die geforderten Toleranzen sind in diesem Zusammenhang nochmals enger geworden“, hält Nolte fest. „Dem Ziel, Fahrgeräusche zu minimieren, kommt man vor allem durch Optimierungen des Antriebsstrangs, größtenteils der Getriebeeinheit, näher. Während vor einigen Jahren noch Toleranzen von 15 µm ausreichten, sehen wir heute Anforderungen, die teilweise auch bei 2 µm, also zwei Tausendstel Millimeter, liegen.“
Für ein Spannmittel, das zur Verzahnungsherstellung eingesetzt wird, gelten neben den sehr engen Toleranzen seine Steifigkeit und Rundlaufgenauigkeit als qualitätsbestimmende Faktoren. Doch für Nolte sind noch weitere wichtige Kriterien zu berücksichtigen: „Neben einer hohen Steifigkeit, die für eine hohe Oberflächenqualität und geringen Werkzeugverbrauch beim Bearbeiten sorgt, ist auch das Thema der Wartungsaufwände und -intervalle in der wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Denn hier ergeben sich in der Praxis merkliche Potenziale, mittel- und langfristige Kosteneinsparungen zu erzielen und über eine hohe Verfügbarkeit die Spindellaufzeiten zu maximieren.“
Prozessstabilität als Konstruktionsmerkmal
Zu den Anwendern der Spanntechniklösungen zur Verzahnungsherstellung von Hainbuch zählen bekannte Antriebsspezialisten wie ZF, Koepfer, Magna oder SEW, die in hochvolumigen Losgrößen in Serie produzieren. Neben den eingangs beschriebenen Qualitätsmerkmalen wie Rundlaufgenauigkeit, Steifigkeit und Wartungsarmut ist die Automatisierungsfähigkeit des Herstellungsprozesses eine der Grundanforderungen an die Spanntechnik.
Merkmale wie eine Anlagekontrolle, elektronisch oder pneumatisch, ein ungehinderter Abfluss der Späne und ein großer Öffnungshub, der das automatische Beladen störungsfrei und sicher erlaubt, zeichnen die technischen Konzepte von Hainbuch aus.
Hier kommt die Erfahrung der Marbacher von über 60 Jahren in der Konstruktion von Spannmitteln ins Spiel: Die Kombination von Materialien in den Spannmitteln, wie mit Gummi zusammen vulkanisierte Stahlsegmente oder die Verwendung von CFK als Leichtbaumaterial, heben ausgewählte Spannmittel von Angeboten der Marktbegleiter ab. Ein optimaler Werkstückanschlag ist ebenfalls Teil der Standard- oder Sonderlösung, der sich positiv auf die Wiederholgenauigkeit und die Prozesssicherheit auswirkt.
Industrie-4.0-Intelligenz bringt Hainbuch ebenfalls in sein Spannmittelsortiment ein, mit Funktionen zur automatisierten Spannkraftkontrolle oder sogar zum automatisierten Messen des Werkstückdurchmessers. Nolte weist noch auf einen anderen Umstand hin: „Wenn eine Teilefamilie, etwa bestehend aus fünf Zahnrädern mit leicht unterschiedlichen Innendurchmessern, über eine Dornspannung realisiert wird, kann die Anpassung an das Spannmittel lediglich über verschiedene Spannbüchsen vorgenommen werden, sodass keine unterschiedlichen Grundkörper erforderlich werden. Das spart dem Anwender bares Geld und reduziert die Rüstzeiten und die Komplexität in der Lagerhaltung. Auch die Wartungskosten sind so deutlich geringer.“
Das Runde muss aufs Eckige
Die Segmenttechnologie von Hainbuch ist dahinter die Grundidee, die den Einsatzbereich der Spannmittel erweitert und eine außerordentliche Flexibilität ermöglicht. Bei der Innenspannung setzt Hainbuch schon seit vielen Jahren auf eine sechseckige Pyramidenform, welche ideal für eine anspruchsvolle und prozesssichere Fertigung ist.
So verfügt etwa der Spanndorn ‘Maxxos T211’ anstelle eines runden Kegels über diese Pyramidenform. Durch die sechseckige Spannpyramide und den daraus resultierenden Formschluss können maximale Übertragungskräfte realisiert werden. Außerdem sitzt die Segmentspannbüchse mit dem Innensechskant in jeder Spannlage absolut formschlüssig auf der Spannpyramide und ermöglicht somit hohe Schnittgeschwindigkeiten bei weniger Vibrationen und damit geringerem Werkzeugverschleiß. Die Schmierung, in Verbindung mit der Dichtigkeit, garantiert eine sehr konstant laufende Produktion und somit hohe Zuverlässigkeit.
Rundlaufgenauigkeiten von ≤ 2 μm können die Techniker realisieren. Im Vergleich zu runden Spanndornen lassen sich bis zu 50 Prozent höhere Drehmomente übertragen, bei einer deutlich höheren Spannkraft des Spannmittels.
Von der Sonderanfertigung zum Standard
Von den hohen Anforderungen, die in der Serienfertigung von Verzahnungsteilen wie Stirnrädern, Kegelräder oder Zahnwellen, ob gerade- oder schrägverzahnt, herrschen, profitieren auch kleinere Anwenderunternehmen und die gesamte Lohnfertigungsbranche.
Über die individuelle Prüfung des Anwendungsfalls wird gemeinsam mit den Verantwortlichen des Kunden die bestmögliche Strategie evaluiert und in der Auswahl oder Umgestaltung des Spannmittels bis hin zur Sonderanfertigung berücksichtigt. „Wir prüfen jeden Anwendungsfall individuell und beraten bei der bestmöglichen Lösungsfindung“, erklärt Nolte die Vorgehensweise im Projektablauf. „Dabei berücksichtigen wir vom Arbeitsraum der Maschine über die Bearbeitungs- und Werkzeugstrategie sämtliche Gegebenheiten vor Ort. So stellen wir sicher, dass neben der unabdingbaren hohen Qualität auch die Wirtschaftlichkeit der Fertigungsoperationen sichergestellt ist.“ Nicht selten führt dies dazu, dass Bestandteile einer vorherigen Sonderlösung Eingang in das Standard-Programm finden.
So empfiehlt man sich in Marbach sowohl für OEMs als Erstausrüster, über hochvolumige Serienproduzenten bis hin zu den Einzelteil- und Kleinserienfertigern. Die enge Zusammenarbeit sorgt auch dafür, immer im Schritt mit den Entwicklungen am Markt zu bleiben. Errungenschaften wie das hochproduktive Power-Skiving (Wälzschälen) von Innen- und Außenverzahnungen werden unmittelbar in aktuelle Spannlösungen umgesetzt.
Antriebstechnik im Fokus
„Gerade bei hohen Drehmomenten fallen die Merkmale wie Steifigkeit und Torsionsfestigkeit unserer Spannmittel ins Gewicht. Die Rundlauf - und Wiederholgenauigkeiten kommen wiederum bei Verzahnungsschleifen und -honen besonders zum Tragen“, weiß der erfahrene Vertriebler. „So begleiten wir unsere Kunden immer auf Augenhöhe auf der spannenden Reise in das nächste Zeitalter der Mobilität. Denn eines ist sicher: Der Wettbewerb um die effizienteste Spannlösung wird sich in Zukunft im Zuge der Marktkonzentrierung noch verschärfen. Doch gerade die Ultrapräzisionsvorgaben aus der Antriebstechnik für die Elektromobilität lassen sich nicht mit gewöhnlichen Technologien erreichen. Deshalb rechnen wir uns bei Hainbuch gute Chancen aus, dass die Vorteile, die wir schon heute bieten, zukünftig von steigendem Interesse in der Branche sein werden. Ich stelle immer wieder fest: Wer einmal die Hainbuch-Performance und -Wirtschaftlichkeit erlebt hat, möchte nicht mehr darauf verzichten.“
Information & Service
Hersteller
Das seit der Gründung 1951 nun in dritter Generation geführte Familienunternehmen beschäftigt weltweit mehr als 850 Mitarbeiter. Mit dem Hauptsitz in Marbach am Neckar, vier weiteren nationalen Standorten, elf internationalen Standorten in China, Frankreich, Großbritannien, Italien, Schweden, Slowakei, USA, Österreich, Mexiko und Japan sowie weltweit rund 40 Vertretungen unterhält Hainbuch ein enges Netzwerk an Service- und Lagerstandorten für kurze Reaktions- und Lieferzeiten. Mit mehr als 150 Patenten seit der Gründung belegt das Unternehmen seine Innovationskraft in der Spanntechnik.