Messe-Boom deckt Krise zu

Editorial
von Frank Pfeiffer
25. April 2025
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Frank Pfeiffer, Redakteur
Entre dos tieras heißt ein Lied der spanischen Band Héroes del Silencio von 1990. Es ist zwar bis heute der einzige Rock-Hit von der iberischen Halbinsel, gehört sicher aber zu den elektrisierendsten in der Pop-Historie. Aktuell kommt er einem aber nicht deshalb in den Sinn, sondern wegen seines Titels, auf Deutsch: Zwischen zwei Welten. Just dort lokalisiert sich, wer auf das Geschehen in der Fertigungstechnik blickt, einschließlich der spanenden.
In der einen Welt scheint alles wie immer in bester Ordnung zu sein. Als Indikator dafür kann man die Vielfalt an Fachmessen betrachten und die – wenn auch erwartbare – Zufriedenheit ihrer Veranstalter. Ob ‘Open Houses‘ der Maschinenbauer von DMG Mori, Index und Grob oder von Werkzeugspezialisten wie Sandvik Coromant, ob Mega-Events wie die Hannover Messe oder regionale Spezialmessen wie die DST Dreh- und Spantage: Wer sich hier umsah, der entdeckte Produktionstechnik vom Feinsten, der erblickte geschäftiges Treiben, der spürte: Hier liegt Kompetenz in der Luft. Es beeindruckte, wie die Akteure unserer Branche Herausforderungen wie Automatisierung, Erschließen neuer Marktsegmente, umweltschonende Technologien und flexibles Reagieren auf Veränderungen jeglicher Art beherrschen.
Doch vonstatten geht all das in einer anderen, geradezu krisenhaften Welt. Um fast ein Fünftel gingen 2024 die Aufträge im sonst so stabilen Werkzeugmaschinenbau zurück, um neun Prozent schrumpfte die Werkzeugproduktion. Auch wenn die Februar-Zahlen eine leichte Erholung zeigen; dass hier eine Umkehr zum Besseren bevorsteht, daran glaubt derzeit kaum jemand. Globale Handelswirren mit neuen Zöllen sind ein Grund dafür. Ein anderer, wohl noch wichtigerer, sind berechtigte Zweifel daran, dass der Kurs unserer neuen Regierung richtig sein wird. Dass selbst ein sonst so wohlmeinender Branchenverband wie der des Maschinenbaus VDMA nun eine „tiefgreifende Staatsreform“ fordert und einen „mangelnden Reformeifer der Politik“ konstatiert, lässt den Ernst der Lage erahnen. Der auf Messen spürbare Eifer ist erfreulich. Doch zu realen Erfolgen wird er nur dann, wenn das Umfeld stimmt.