Hanser-Tagung

Vereint zu neuen Zerspanbestmarken

Am 2. und 3. März tauschten sich Praktiker und Forscher digital aus auf der Hanser-Tagung zu Zerspanproblemen bei Bauteilen aus Werkstoffen wie Titan oder Nickelbasislegierungen.
28. April 2021
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Praktiker und Forscher kamen gleichsam zu Wort bei der Hanser-Tagung ›Schwer zerspanbare Werkstoffe‹. Im digitalen Modus war ein intensiver Austausch möglich© Hanser
Schon oft gelang dieser Tage der Beweis, dass digitale Events funktionieren. Auch die diesjährige Tagung ›Schwer zerspanbare Werkstoffe‹ ist ein Beispiel dafür. Allerdings setzt das eine fachkundige Planung, gute Technik und eine professionelle Führung durch die Veranstaltung voraus. Weil das der Münchener Carl Hanser Verlag mit seinem Orga-Team um Sylvia Hahn gemeinsam mit dem hochkarätig besetzten Beirat bieten konnte, wurde die Online-Tagung am 2. und 3. März zu einem Erfolg.
Gut 90 Teilnehmer hatten sich an ihren Bildschirmen versammelt, als die Professoren Dirk Biermann aus Dortmund und Werner Theisen aus Bochum zum Thema hin führten, erfreut über die große Resonanz. Theisen referierte über werkstofftechnische Aspekte beim Spanen. Deutlich wurde: Wer hochharte, abrasive Werkstoffe zerspanen will, der sollte deren atomaren Aufbau kennen, sollte wissen, wie sich Elemente, Herstellung und Wärmebehandlung auswirken. Mit Modellierung und Simulation − ein Generalthema an den zwei Tagen − versucht man, die Interaktionen abzubilden. Die Abstimmung zwischen Werkstofftechniker und Fertiger ist laut Theisen stets zu empfehlen.
Dirk Biermann hatte bemerkenswerte Beispiele zur digitalen Prozess- und Werkzeugentwicklung parat, darunter die simulative Optimierung der Schneidkanten-Mikrogestalt für das Fräsen sowie Tests zur Auswirkung der Freiflächenmodifikation beim Bohren von Inconel 718. Ein Zurücksetzen der Freifläche oder der Einbau einer Drainage können hier die Leistung steigern.
Dr. Wolfgang Baumann von Mapal stellte einen ganzheitlichen Ansatz vor, mit dem die Werkzeugstandzeit beim Bearbeiten von Turboladern aus hitzebeständigem Stahlguss verlängert werden kann. Und besondere Aufmerksamkeit wurde Professor Wolfgang Hintze von der TU Hamburg zuteil, der zeigte, worauf es beim Spanen von gesintertem Hartmetall ankommt. Wenn man alle Parameter klug aufeinander abstimmt, sind erstaunliche Ergebnisse erzielbar.
Nachdem Franz Helmli von Bruker Alicona messtechnische Aspekte beleuchtet hatte, erläuterten Steffen Gerloff von MTU und Roland Zaugg von GF Machining Solutions ihre gemeinsam gewonnenen Erkenntnisse zum hochdynamischen Fräsen von Titan- und Nickelbasislegierungen, die sich im neuen MTU-Kompetenzzentrum für die Triebwerkfertigung widerspiegeln.
Aufmerksam verfolgten die Teilnehmer dann die Zerspanungsvorführungen von GF Machining Solutions zum HDC- und HPC-Fräsen sowie zum 3D-Metalldruck. In einer offenen Diskussion in moderiertem Livestream konnte man die Experten befragen.

An Digitalisierung und Simulation führt inzwischen kein Weg vorbei

Am zweiten Tag standen Digitalisierung und Simulation im Fokus. Toni Ehrig von der Dresdener IMA und Christoph Czettl von Ceratizit zeigten, wie weit deren Entwicklung bezüglich Werkstoffen und Schneidstoffen schon ist. Pulkit Rana und Miguel Avila von Mercedes-Benz beeindruckten damit, wie es ihnen gelang, mit Simulationstools Zerspanprozesse im Powertrain zu optimieren. Nach dem Mittag wurde der generelle Stellenwert der Simulation diskutiert.
Dann stellten Jan Hendrik Dege von Premium Aerotec, Markus Heuwinkel von der Walter AG und Carsten Möller, TU Hamburg, ein innovatives tangentiales Walzenstirnfräser-Konzept vor. Und schließlich warfen Jens Kummetz von Heidenhain und Claus Eppler von Chiron ein Schlaglicht auf Chancen und Grenzen des Wirbelfräsens.
Am Ende zeigten sich alle hoch zufrieden über das Event. Ein Grund war zweifellos die sachkundige und zugleich zwanglose Moderation der Beiratsmitglieder, zu denen auch Werner Kirsten von Heller und Thomas Schall von der Daimler AG gehörten. Die Quintessenz: Bei diesem Thema geht es gut voran; ein stetiger Austausch ist aber nötig.