4-Achs-BAZ im Anwendungsfeld Antriebstechnik
Das Konzept als Kern der Lösung
Das Bearbeiten von Gehäusen führte bei HKS Dreh-Antriebe immer wieder zu Engpässen. Außerdem stiegen die Stückzahlen enorm, was die Durchlaufzeiten auf inakzeptable Weise verlängerte. So ging man 2023 auf die Suche nach einer effizienten und wirtschaftlichen Lösung und landete beim 4-Achs-Bearbeitungszentrum ‘H 5000‘ von Heller. Mit dem ersten Horizontal-BAZ am Standort Neukirch in der Lausitz ist es gelungen, Kapazitäten auf anderen Maschinen zu schaffen, die Lieferzeiten zu verkürzen und Fremdaufträge wieder ins Haus zu holen.
21. Juni 2024
Die Vorteile horizontaler Bearbeitungszentren sind bekannt. Beim Unternehmen HKS Dreh-Antriebe war aber neben dem optimalen Spänefall das Konzept an sich die Lösung des Problems. Bei einigen Gehäusen der Drehantriebe ist links und rechts ein Bohrbild in der gleichen Position vorgesehen. Das ist auf vertikalen Maschinen kaum möglich, weil man nicht gleichzeitig in einer Aufspannung von oben und unten bohren kann. Demnach geht das nur horizontal und mit Schwenktisch.
Deshalb hatte man sich, allen voran Günter Höhn, Geschäftsführender Gesellschafter, schon vor drei bis vier Jahren über ein entsprechendes Konzept informiert. Allerdings standen diesem Wunsch zu jener Zeit infolge der ausgesprochen guten Auftragslage andere Investitionen im Wege. 2023 war es dann aber soweit, man wollte ausschließlich für diese Bohrbearbeitungen investieren.
Benchmark führt zu Heller
Nach einem intensiven Benchmark entschied man sich für das 4-Achs-Bearbeitungszentrum ‘H 5000‘ von Heller. Ausschlaggebend waren bei der ersten horizontalen Maschine die technischen Details und die Leistung. Dazu Günter Höhn: „Das Problem war, dass damals die Zeit drängte, denn die Bauteile wurden in unserer Fertigung mangels Alternative auf einer Fahrständermaschine bearbeitet. Weil dies mit sehr langen Laufzeiten einherging, hatten wir die genannten Gehäuse teilweise fremdvergeben. In Summe jedoch waren die daraus resultierende Abhängigkeit, die Kosten, die Lieferzeiten und auch die Durchlaufzeiten einfach nicht mehr akzeptabel. Wir mussten handeln. Zumal bei uns zu der Zeit auch noch die erforderlichen Stückzahlen enorm gestiegen sind.“
Trotz des Zeitdrucks kamen die Verantwortlichen von HKS Dreh-Antriebe aus den Standorten Wächtersbach und Neukirch nach Nürtingen zu Heller, um sich dort die Fertigung anzusehen, eine mögliche beste Lösungen zu diskutieren und auch um Testwerkstücke bearbeiten zu lassen. Günter Höhn hat all das überzeugt. Heute, etwa acht Monate nach Inbetriebnahme, fertigt man auf dem Bearbeitungszentrum Losgrößen zwischen einem und 50 Stück. Absolut problemlos. Überwiegend geht es dabei um Wiederholteile in unterschiedlichen Baugrößen aus St 50, C 45 und chromhaltigen Vergütungsstahl.
Ausgestattet mit Palettenwechsler, 100 Werkzeugplätzen und einer Getriebespindel ‘PC 100G‘ mit 43 kW Antriebsleistung und 822 Nm Drehmoment geht man zwar noch nicht in Grenzbereiche, dennoch ist die Zerspanungsleistung nicht ohne. So werden u. a. Gewinde bis M 30 und größer geschnitten. Für Salvatore Noto, Gebietsverkaufsleiter bei Heller, ist das keine Selbstverständlichkeit: „Die H 5000 ist ein robustes und hochproduktives Bearbeitungszentrum, aber gerade das Gewindeschneiden in einen 42CroMo4-Vergütungsstahl wird oft unterschätzt, da braucht man Spindelleistung. Die H 5000 kann das. Viel wichtiger erscheint mir aber, dass wir mit diesem Bearbeitungskonzept und der hohen Leistungsfähigkeit die Produktivität bei HKS Dreh-Antriebe nahezu verdoppeln konnten.“
Prozesssicherheit, Reproduzierbarkeit und Präzision mit gleichem Stellenwert
Diese Produktivität hat man bei HKS bislang aber noch nicht ausgereizt. Das Bearbeitungszentrum ist am Standort Neukirch in zwei Schichten im Einsatz. Um das vorhandene Potenzial an Produktivität zu nutzen, müssten eigentlich auch Bauteile aus Wächtersbach nach Neukirch geliefert werden. Für Mario Vogt, Fertigungsleiter bei HKS Dreh-Antriebe in Neukirch, steht das aktuell aber noch nicht auf der To-Do-Liste: „Wir stehen noch am Anfang mit dem Bearbeitungszentrum. Wir müssen die Maschine noch besser kennenlernen und dann bin ich überzeugt, dass sich damit für uns noch ganz andere Anwendungsbereiche öffnen. Wichtig ist für mich, dass diese Arbeitsgänge zuvor andere Maschinen blockiert haben. Das gehört nun dank der H 5000 der Vergangenheit an.“
Günter Höhn ergänzt: „Wir konnten auf diese Weise neue Kapazitäten schaffen und auch die Lieferzeiten enorm verkürzen. Ich bin begeistert und schließe nicht aus, dass demnächst eine weitere Maschine aus dem Heller-Programm bei uns installiert wird.“
Palettenwechsler reicht – optional geht aber auch mehr
Das Bearbeitungszentrum wird demnach allen Erwartungen, wie Prozesssicherheit, Reproduzierbarkeit und Präzision mehr als gerecht. Dazu trägt auch bei, dass die hohen Kräfte der Spindel und die Dynamik der Achsen die Produktivität der Maschine in der Praxis erhöhen. Für die Umsetzung werden allerdings auch eine entsprechende Stabilität und das richtige Dämpfungsverhalten benötigt. Vor diesem Hintergrund ist die klassische Bauweise mit Doppelantrieb in Z bei der Baureihe H geblieben und wurde von Heller in zahlreichen Details weiter optimiert.
Nun werden in Neukirch zwar nicht unbedingt die Mikrometer gesucht, dennoch bewegen sich die Toleranzen im Bereich weniger Hundertstel Millimeter. Dass das auch ohne optionale Erweiterung wie Hochgenauigkeitspaket etc. möglich ist, liegt unter anderem daran, dass bei Heller prinzipiell alle Bearbeitungszentren mit direkten Messsystemen im Standard ausgestattet sind. Außerdem sind die 4-Achs-Bearbeitungszentren der Baureihe ‘H‘ für Paletten- und Werkstückautomation vorbereitet.
Bei HKS Dreh-Antriebe begnügt man sich aber noch mit dem Plattenwechsler und sieht aktuell die Notwendigkeit einer Werkstückautomation nicht. Für Salvatore Noto ist das eine kluge Einstellung, denn er vertritt eine bislang recht seltene aber sicher überlegenswerte Ansicht: „Durch ein hochproduktives Bearbeitungszentrum, wie hier inklusive Palettenwechsler, können doch vorerst die vorhandenen Facharbeiter-Ressourcen voll ausgeschöpft werden. Das ist meines Erachtens eine sinnvolle Alternative bevor man sofort in kostenintensive Automatisierungslösungen investiert.“