Superfinishen in der Wälzlagerindustrie

Autonome Fertigung – ein Muss

Die Wälzlagerindustrie hinkt beim Thema autonome Fertigung anderen Branchen hinterher. Um die Fertigungskette eines Wälzlagerringes weitgehend hochautomatisiert abbilden zu können, hat Supfina die besonderen Hürden hin zu autonomen Superfinish-Prozessen beseitigt.
6. Mai 2024
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Systemlösung für den autonomen und bedienerlosen Betrieb © Supfina
von Thomas Harter
Immer weniger Menschen müssen immer mehr produzieren – ein Trend, den es schon lange gibt und der künftig zur essenziellen Notwendigkeit wird. Bisherige Fertigungskonzepte in der Wälzlagerindustrie benötigen qualifiziertes Personal, selbst oder gerade wenn diese automatisiert sind. Bedienen, Rüsten und Optimieren – da ist der Mensch gefragt.
Was aber, wenn der Mensch einfach nicht mehr zur Verfügung steht? Ein Trend, der auf der ganzen Welt zu beobachten ist, aus unterschiedlichen Gründen: unzureichendes Ausbildungsniveau, Wettbewerb unter den Unternehmen oder schlichtweg eine ganze Generation, die nicht in einer klassischen Fertigungsumgebung arbeiten möchte. Das Ergebnis ist stets dasselbe: Personalmangel.

Die Wälzlagerindustrie muss aufholen

Ein rasanter Entwicklungsschub in den vergangenen Jahren hat dazu geführt, dass autonome Fertigung in vielen Branchen längst Standard ist. In der Wälzlagerindustrie jedoch ist sie wenig bis gar nicht vorhanden. Hier muss in der Fertigung von Wälzlagerkomponenten aufgeholt werden, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Hohe Flexibilität, Teilevielfalt bei kleinen Losgrößen und Stückzahlen begünstigten bislang konventionelle Fertigungsstrukturen, insbesondere im Segment der Industrielager. Es wurde zwar in Automation investiert, aber das bedeutet nicht zugleich Autonomie. In Einzelfällen wurden auch autonome System umgesetzt, was aber meist zu komplexen technischen Lösungen geführt hat. Erweitert man den Fokus über die industrielle Fertigung hinaus, wird dieser Megatrend noch deutlicher. Die Logistikbranche macht es mit autonomen Verteilzentren vor. Auch in der Landwirtschaft, werden längst autonom arbeitende Erntemaschinen eingesetzt. Mit weniger Menschen das gleiche oder sogar mehr zu erreichen ist dabei der gemeinsame Nenner.
24/7-Steinwechsel während der Produktion© Supfina

Konsequente Entwicklung adressiert Megatrend

Supfina Grieshaber ist seit Jahrzehnten Lieferant und Entwicklungspartner der internationalen Wälzlagerindustrie und hat dabei schon viele Trends aus der Vergangenheit mitgestaltet. Somit lag es auf der Hand, dass sich die Wolfacher auch diesem Trendthema annehmen. Um die Fertigungskette eines Wälzlagerringes abzubilden, muss eben auch das Superfinish-Verfahren in autonomer Weise abgebildet werden. Und gerade in diesem Prozessschritt der Oberflächenfeinstbearbeitung entstehen besondere Hürden bei der Umsetzung.
Ausgangspunkt waren auch bei Supfina bestehende Lösungen wie die bewährten Baureihen ‘RacePro‘ und ‘RaceFlex‘. Diese sind zwar sehr flexibel einsetzbar und haben ebenfalls einen hohen Automatisierungsgrad, allerdings sind diese Maschinen darauf ausgerichtet, dass der Mensch eine zentrale Rolle einnimmt. Rüstvorgänge, Produktionsabläufe wie Werkzeugwechsel und Interaktion mit der Steuerung sind für den Bediener optimiert. Maschinen also, wie sie in die heutige Fertigungsstruktur passen, die aber den Anforderungen eines autonomen Ansatzes nicht gerecht werden.

Gezielte Portfolioerweiterung

Neu im Portfolio ist daher die Baureihe ‘Race Modular‘. In enger Zusammenarbeit mit unseren Kunden wurde diese Systemlösung für den autonomen und bedienerlosen Betrieb entwickelt. Alle wesentlichen Abläufe in der Fertigung sind automatisiert. Chargenwechsel, mechanische Rüstvorgang, Werkzeug-/Finishsteinwechsel in der Produktion und klassisches Bauteilehandling sind 24/7 ohne Bediener abgebildet.
Automatischer Chargenwechsel, robotergestützt© Supfina
Schon im Namen der Baureihe zeigt sich der modulare Aufbau, um unterschiedlichste Funktionsumfänge abzubilden. Dies wiederum adressiert die vielfältigen Prozessanforderungen bezogen auf die unterschiedlichen Wälzlagertypen. So kann die Konfiguration auf Lagerbauformen wie Zylinderrollenlager, Kegelrollenlager, Pendelrollenlager oder Kugellager angepasst werden und ist jederzeit zukunftssicher erweiterbar.
Um die genannte Funktionalität auch technisch umzusetzen, verfügt die Maschine über Features wie Werkstückantrieb, Steinhalter, Zentriersystem und Werkstückhandling mit automatisch betätigten Schnittstellen. Diese und die damit verbundene Elemente können mit einem 6-Achs-Roboter aus der Maschine entnommen und wieder zugeführt werden. Aber erst durch die Verschmelzung von Roboter und Bearbeitungsmaschine zu einer Einheit entsteht eine praktikable Lösung.
Nicht zuletzt spielt auch die gesamte Datenkommunikation eine entscheidende Rolle. Wenn es keinen Bediener gibt, der die Werkstück- und Prozessdaten an der Steuerung eingeben kann, müssen diese über Schnittstellen zur IT-Infrastruktur übertragen werden.

Relevanz geht weit über das Superfinishen hinaus

Für den Anwender kann allerdings eine Superfinish-Maschine nicht isoliert betrachtet werden. Vielmehr muss die Maschine für den letzten Bearbeitungsschritt mit der gesamten Produktionslinien oder Zelle zusammenspielen. Auch sind betriebliche und logistische Abläufe mit in die Planung einer solchen Fertigungsstruktur einzubeziehen. Wie Werkstücke und Werkzeuge zur Verfügung gestellt werden, gehört zu jenen Fragen, die über die eigentliche Maschine hinausgehen.
Betrachtet man vom heutigen Standpunkt aus all diese Themenfelder, so scheint eine hochflexible und autonome Wälzlagerfertigung ein sehr weiter Sprung in die Zukunft zu sein. Für manchen wird dieser Sprung zu weit erscheinen. Aber einige Unternehmen sind diesen weiten Schritt in die Zukunft bereits gegangen und erste Maschinen der Supfina Baureihe Race Modular sind ausgeliefert. Abschließend bleibt festzuhalten: Um diesen Wandel in der Wälzlagerindustrie zu gestalten, ist das Engagement einer ganzen Branche einschließlich des dazugehörigen Maschinenbaus gefragt.
Information & Service

Hersteller

Supfina Grieshaber GmbH & Co. KG
77709 Wolfach
Tel. +49 7834 866–0
www.supfina.com
GrindingHub Halle 10, C10

Autor

Thomas Harter ist verantwortlich für Produkt und Technologie bei Supfina mit dem Schwerpunkt Superfinish von Wälzlager-Komponenten
info@supfina.com