Maschinenbetten

Fraunhofer-Institute entwickeln einzigartige Dämpfung für Werkzeugmaschinen

Die Fraunhofer-Institute für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU sowie für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM haben einen Durchbruch in der Materialforschung erzielt: Der Verbundwerkstoff ‘HoverLight’ setzt neue Maßstäbe für die Konstruktion von Werkzeugmaschinen. Durch die Kombination von Aluminiumschaum und partikelgefüllten Hohlkugeln erreicht HoverLight einen bisher unerreichten Eigenschaftsmix aus Leichtigkeit, Steifigkeit und Schwingungsdämpfung. In einem Gemeinschaftsprojekt mit einem Industriepartner gelang nun erstmals der Nachweis, dass HoverLight bei Serienmaschinen Schwingungen um den Faktor 3 besser dämpft. Und das bei einer Gewichtseinsparung von 20 Prozent gegenüber der Originalbaugruppe.
2. April 2025
In Aluminiumschaum integrierte Hohlkugeln dämpften Schwingungen deutlich stärker als bislang eingesetzte Materialverbünde. Die Herstellung der Hohlkugeln ist aber derzeit noch sehr kostenintensiv© Fraunhofer IWU
HoverLight ist ein Verbund aus Metallschaum und Hohlkugeln und kann als Kern von Sandwiches fungieren. Durch das Sandwichprinzip ergibt sich eine erhebliche Gewichtsreduzierung, der HoverLight-Kern ist Garant für eine hohe Dämpfung: Der Aluminiumschaum mit den integrierten Hohlkugeln dämpft Schwingungen deutlich stärker als bislang eingesetzte Materialverbünde. Dies führt zu einer höheren Präzision in der Bearbeitung und einer längeren Lebensdauer der Maschine. Mit der Sandwichbauweise sind zudem erhebliche Gewichtseinsparungen möglich – das erlaubt eine höhere Dynamik der Bearbeitungsprozesse. Dabei kann HoverLight an die spezifischen Anforderungen verschiedener Anwendungen angepasst werden.

Erfolgreicher Einsatz in der Praxis

In einem gemeinsamen Projekt mit der Chiron Group SE wurde HoverLight bereits erfolgreich im Querträger einer Fräsmaschine eingesetzt. Die Ergebnisse sind beeindruckend:
  • Gewichtsreduzierung von 20 Prozent: Der Querträger aus HoverLight ist deutlich leichter als die vergleichbare Baugruppe aus konventionellen Materialien.
  • Wesentlich höhere Dämpfung: Die Schwingungsdämpfung konnte um das Dreifache gesteigert werden, was zu einer höheren Präzision und einer längeren Standzeit der Werkzeuge führt.
  • Erhöhte Produktivität: Durch die höhere Geschwindigkeit und Präzision können mit HoverLight-Querträgern ausgestattete Maschinen mehr Teile in kürzerer Zeit produzieren.
Der Werkstoffverbund HoverLight hat einen Kern aus Aluminium-Schaum und darin eingeschäumten Hohlkugeln (im Schnittbild als runde Öffnungen sichtbar). Die kombinierten Dämpfungseffekte von Schaum und partikelgefüllten Hohlkugeln sind mit denen von Magnesium vergleichbar© Fraunhofer IWU
Dr.-Ing. Jörg Hohlfeld, verantwortlich für den Forschungsbereich Metallschaum am Fraunhofer IWU: „Mit HoverLight haben wir einen Werkstoff entwickelt, der die Grenzen des Machbaren bei der Schwingungsdämpfung verschiebt. Wir lösen den Zielkonflikt auf, der sich aus den eigentlich gegensätzlichen Anforderungen einer steifen Auslegung moderner Werkzeugmaschinen, leichter bewegten Baugruppen und effektiver Schwingungsdämpfung ergibt.“

Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten

Bei Werkzeugmaschinen sind alle bewegten Baugruppen für den Einsatz von HoverLight prädestiniert, beispielsweise die Maschinenschlitten. Aber auch außerhalb des Maschinenbaus sind zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten denkbar – dort, wo es ganz besonders auf Leichtigkeit, Steifigkeit und Präzision ankommt:
  • Roboterarme in Sandwichbauweise profitieren von hoher Steifigkeit bei geringer Masse, was höhere Geschwindigkeiten und Beschleunigungen erlaubt.
  • Versteifungsstrukturen aus Aluminiumschaum werden bereits in Crashstrukturen von Serienautomobilen eingesetzt. Die partikelgefüllten Hohlkugeln verbessern dabei die Schwingungsdämpfung.
  • Schienenfahrzeuge: Wand- und Bodenelemente für den Einsatz von HoverLight sind denkbar. In der Pekinger U-Bahn werden Bodenplatten bereits als Sandwiches mit Aluminiumschaumkern eingesetzt.
  • Server und Hochleistungsrechner: Leichtgewichtige, steife Gehäuse verbessern Stabilität, Wärmeableitung und Vibrationseindämmung.
  • Medizintechnik: MRT- und Ultraschallgeräte benötigen leichte und steife Bauweisen, um präzise Messungen zu garantieren und Vibrationen zu minimieren.

Das nächste Ziel: attraktive Herstellkosten

Die Forschenden arbeiten kontinuierlich daran, HoverLight weiterzuentwickeln und seine Einsatzmöglichkeiten zu erweitern. Ziel ist es, die Eigenschaften des Verbundmaterials auf die Anforderungen weiterer Anwendungen einzustellen und seine Herstellkosten durch industrialisierte Prozesse zu senken. Die Herstellung von Hohlkugeln ist aufwendig, energieintensiv und noch nicht reproduzierbar.
Partikelgefüllte Hohlkugeln auf schäumbarem Aluminium© Fraunhofer IWU
Ein vielversprechender Ansatz ist, anstelle von Hohlkugeln auf einfacher und damit preiswerter herzustellende metallische Blister zu setzen – ähnlich denen in Medikamentenverpackungen. Das Fraunhofer-Team ist zuversichtlich, damit schon in wenigen Jahren deutliche Kostenfortschritte erzielen zu können.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz förderte die Projektpartner (Fraunhofer IWU, IFAM, Chiron SE) im Rahmen des vorwettbewerblichen Förderprogramms IGF (Industrielle Gemeinschaftsförderung; Vorhaben 01IF21481N) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. Die Projektpartner wurden vom VDW-Forschungsinstitut fachlich und organisatorisch unterstützt.