Verzahnungsschleifen
Vielfache Verzahnkompetenz
Das Optimum von hoher Flexibilität und hoher Produktivität hat Kapp Niles mit dem Verzahnungszentrum KNG 350 noch schärfer im Blick. Das Baukastensystem ermöglicht diverse Maschinenkonzepte auf einer Basis. So wird dem Kundenbedarf noch besser entsprochen.
27. Juni 2023
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von Ralf Dremel
Bei Verzahnungszentren hat er sich im Markt bewährt: der Mix aus hoher Flexibilität und Produktivität. Die Maschine ‘KX 300 P’ von Kapp Niles bestätigt das, wurden doch schon mehr als 500 von ihr verkauft. Nun knüpft die neue Serie ‘KNG 350‘ daran an. Entstanden ist ein ausgeklügeltes Baukastensystem, das verschiedene Maschinenkonzepte auf einer Basis darstellt. Drei Konfigurationen von Werkzeug- und Werkstückantrieb ermöglichen es, optimal auf Kundenanforderungen einzugehen.
KNG 350 beruht auf einem kompakten, rüstoptimierten Konzept für die Klein- bis Großserienfertigung verzahnter Bauteile bis 400 mm Durchmesser. Ein integrierter Ringlader sorgt für kurze Nebenzeiten bis 5 s und kann sowohl Bohrungsteile als auch wellenförmige Teile bis 700 mm Länge handhaben. Vom manuellen Beladen beginnend über ein einfaches Palettentransportband bis hin zur komplexen Roboterlösung ist die volle Flexibilität beim Beladen der Teile sichergestellt.
Tauglich für Industrie 4.0
Ein funktional-ergonomisches Design, gepaart mit der intuitiven Bedienoberfläche ‘KN grind‘ hilft beim Einrichten und Optimieren von Schleifprojekten. Großer Wert wurde auf kurze Rüstzeiten gelegt, die man vorrangig mithilfe von Smart Tooling erreicht. Prozessmonitoring, Teilerückverfolgung und Inline-Qualitätssicherung machen die Maschine für Industrie 4.0 tauglich.
Auch in puncto Energieeffizienz strebt die Maschine Bestmarken an. Die wenigen hydraulischen Funktionen werden von einem geregelten Pumpenaggregat abgedeckt; pneumatische Funktionen sind weitestgehend durch Elektroantriebe ersetzt. Und die Umstellung von Guss auf Polymerbeton beim Bett reduziert das komplette CO2-Äquivalent der Maschine.
Dazu passt die Einschätzung eines langjährigen Partners von Kapp Niles – Scania im schwedischen Södertälije. Instandhalter Anders Urefors hat hier die technische Evolution seit der ‘KX 300 P’ verfolgt. Schon bei der technischen Abnahme, dem ersten Kontakt mit der KNG 350, zeigte er sich sehr zufrieden. Einst individuelle Kundenwünsche wie ein höhenverstellbares Bedienpult gehören nun zum Standard. Und beim Öffnen der Tür steht man jetzt viel näher zu den Achsen. Bedenkt man zudem das Schnellwechselsystem für das komplette werkstückabhängige Tooling, sieht Urefors einen neuen Maßstab gesetzt beim Rüsten. Sofort werde klar, dass hier die Themen Ergonomie und Usability im Lastenheft groß geschrieben wurden. „Lessons learned“, so der Kommentar des sonst eher zurückhaltenden Schweden.
Wälzschleifen war im Fokus beim Start der neuen Baureihe
Start der neuen Baureihe war die Maschine ‘KNG 350 expert‘ mit dem Fokus nur auf dem Wälzschleifen. Das Konzept der Schleifspindel ohne Gegenlager hatte sich bereits bei den ‘Dynamic‘-Maschinen bewährt. Die automatische HSK-Schnittstelle ermöglicht einen halbautomatischen Werkzeugwechsel.
Die Maschine bietet Optionen, um etwa Zahnräder verschränkungsfrei zu schleifen oder mithilfe von Kombi-Schleifschnecken erhöhten Oberflächenanforderungen zu entsprechen. Durch auswählbare Abrichtverfahren lassen sich von der Einzelteilfertigung (topologisches Abrichten) bis hin zur Massenfertigung (mehrrilliges Abrichten) alle Anforderungen wirtschaftlich abbilden. Verfügbar für alle Maschinen dieser Familie ist eine Messeinrichtung, die eine komplette Verzahnungsmessung in der Maschine erlaubt und auch zum zyklischen Messen definierbarer Verzahnungsmerkmale verwendbar ist.
Produktiv und qualitätsgerecht auch bei kleinen Werkzeugen
Bei Teilen für die E-Mobilität führen eine hohe Leistungsdichte auf kompaktem Raum bei Pkw und eine Miniaturisierung bei Fahrradantrieben oft zu fertigungstechnisch ungünstigen Werkstückgeometrien. Bisher wurden Zahnräder mit Störkonturen vorrangig mittels diskontinuierlichem Profilschleifen oder Verzahnungshonen hartfeinbearbeitet, denn gängige Wälzschnecken mit 300 mm Durchmesser sind zu groß für Bauteile mit Störkontur.
Im Vergleich zum kontinuierlichen Wälzschleifen haben allerdings beide Verfahren Nachteile in Bezug auf Produktivität, Wirtschaftlichkeit oder Qualitätskonstanz. Der Weg hin zu kleineren Schleifschnecken führt aber nur über höhere Drehzahlen, um bei kleinerem Werkzeugdurchmesser eine hohe Schnittgeschwindigkeit zu realisieren. Bisherige Maschinenkonzepte waren nicht auf die hohen dynamischen Anforderungen für den Werkzeug- und den Werkstückantrieb ausgelegt.
Die Variante ‘KNG 350 flex HS‘ dagegen zeichnet sich durch höchste Schleifqualität und Produktivität auch beim Einsatz kleiner Werkzeuge aus. Dank einer Hochgeschwindigkeits-Schleifspindel (HS) mit 25.000 min-1 können auch störkonturbehaftete Verzahnungen mit Tools ab 55 mm (Wälzschleifen) oder 20 mm Durchmesser (Profilschleifen) geschliffen werden.
Optionale Durchmessererweiterung
Wenn es dann ‘ein bisschen mehr sein‘ soll, kommt die ‘KNG 350 flex‘ ins Spiel. Besonders bei Elektro-Nutzfahrzeugen verschiebt sich der Verzahnungsdurchmesser nach oben. Endeten bisher klassische Lkw-Getrieberäder bei etwa 300 mm, erreichen aktuelle Bauteile durchaus 350 mm, in Einzelfällen auch 400 mm. Diesen Bereich deckt die KNG 350 flex mit einer optional verfügbaren Durchmessererweiterung ab.
Die leistungsoptimierte gegengelagerte Spindel ist ausgelegt für große Schleifschnecken bis 200 mm Breite und Schnittgeschwindigkeiten bis 100 m/s. So sind die Bearbeitung großmoduliger Bauteile und der Einsatz von Kombi-Schnecken für Feinschleif- oder Polierarbeiten effizient realisierbar.
Mit einem Standardwerkzeug sind beim kontinuierlichen Wälzschleifen Oberflächen mit einer gemittelten Rautiefe Rz von 2,5 bis 3 µm sicher erreichbar. Für höhere Anforderungen gibt es Kombi-Werkzeuge mit zwei unterschiedlichen Bereichen: einem mit Standardkörnung und einem weiteren zum Feinschleifen oder Polieren, je nach Oberflächenanforderungen. Damit sind Rauheitswerte von Rz < 1 µm möglich. Der damit signifikant erhöhte Traganteil der Zahnflanken steigert die maximale Belastbarkeit des Zahnrads. Ein weiterer Vorteil ist die Integrierbarkeit in automatisierte Prozesse mit ‘One piece flow‘, was mit Gleitschleifen nicht realisierbar war. Als Alleinstellungsmerkmal bietet Kapp Niles das Polieren als Single-Verfahren an, um beispielsweise Verzahnungen nach dem Kugelstrahlen nur zu polieren.
Weitere Ausstattungsmerkmale steigern die Flexibilität zusätzlich
Weitere Merkmale unterstreichen die Flexibilität der Maschine. So erlauben es Vorsatzspindeln, sehr kleine Profilschleifscheiben bei minimalem Fußkreis der zu schleifenden Verzahnung zu verwenden. Die integrierte Übersetzungsstufe ermöglicht bei einem Schleifscheibendurchmesser von 30 mm eine Schnittgeschwindigkeit bis 50 m/s. Mit der Innenschleifeinrichtung sind sowohl evolventische Innenverzahnungen als auch Sonderprofile bearbeitbar. Sowohl Vorsatzspindeln als auch Innenschleifarme können mithilfe der neuen Schnellwechselschnittstelle direkt auf der Werkzeugspindel adaptiert werden. Alternativ kommen für all diese Technologien abrichtbare oder abrichtfreie Werkzeuge zum Einsatz.
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Ralf Dremel ist Technischer Produktverantwortlicher bei Kapp Niles in Coburg
ralf.dremel@kapp-niles.com
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