Nachschleifen von Präzisionswerkzeugen

Vernetzter Datenaustausch minimiert die Nebenzeiten

Effizientes Werkzeugschleifen erfordert optimale Schleifprogramme, basierend auf realen Informationen zu den Schleifwerkzeugen. Fraisa hat es geschafft, mithilfe einer standardisierten Schnittstelle innerhalb der Anca-Software seine Nebenzeiten zu minimieren.
28. Februar 2025
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Bei Fraisa in Willich werden jedes Jahr 350.000 Werkzeuge aufbereitet. Die automatisierte Übertragung von Schleifscheibeninformationen und Messergebnissen zwischen den Schleifmaschinen von Anca und den Messmaschinen von Zoller verkürzte die Nebenzeiten um 20 Prozent © Anca
Bei der Neufertigung sowie beim Nachschleifen von Präzisionswerkzeugen ist es jeden Tag das Gleiche: Das erste Werkzeug muss passen. Nacharbeit oder gar Ausschuss sind grundsätzlich zu vermeiden, denn diese verursachen enorme Kosten. Um diesem Erwartungsdruck standzuhalten, sind neben einem perfekt abgestimmten Schleifprogramm auch reale Informationen zu Schleifscheiben und Scheibenpaketen essenziell.
Anca, Hersteller von CNC-Schleifmaschinen und Steuerungen, stellt hierfür eine standardisierte Schnittstelle im ‘WheelEditor‘ der Anca-eigenen Schleifsoftware ‘ToolRoom‘ zur Verfügung, die sowohl den Export von Scheibeninformationen als auch den Import von Messergebnissen ermöglicht. Diese Messergebnisse sind die Basis für alle Berechnungen, die zu einem perfekten Werkzeug gleich beim ersten Durchlauf führen.
Dabei ist es unerheblich, ob die Scheibendaten lokal oder über den Anca-‘WheelServer‘ maschinenübergreifend verwaltet werden. Über diese Schnittstelle lassen sich alle relevanten Scheibeninformationen wie Durchmesser, Scheibenradius, Scheibenwinkel, Flanschmaß et cetera austauschen. Die Schnittstelle erlaubt es auch, nur einzelne Parameter wie Flanschmaß oder Durchmesser zur Verschleißkontrolle auszutauschen. In diesem Fall werden nur diese Daten per Netzwerk übertragen und vermessen. Die Ergebnisse werden ebenso wieder per Netzwerk bereitgestellt und übernommen.
„Die Übertragung der Ist-Daten von der Zoller-Messmaschine in die Anca-Software ist für uns ein Gamechanger. Wir ersparen uns dadurch enorm viel Arbeit und Zeit“, so Stefan Schaefers, Bereichsleiter Technologie bei Fraisa© Anca

Anca und Zoller im Zusammenspiel – für Fraisa ein Gamechanger

Fraisa nutzt am deutschen Standort Willich, dem maßgeblichen Kompetenzzentrum für die Werkzeugaufbereitung des Schweizer Werkzeugherstellers, das Zoller-Einstell- und Messgerät ‘venturion‘ zur Vermessung seiner Schleifscheibenpakete. Die Daten werden direkt an den Anca-WheelServer versendet, der die Ist-Daten des realen Pakets dem virtuellen Paket zuordnet und dies wiederum der Schleifmaschine bereitstellt.
„Die Übertragung der Ist-Daten vom Zoller-Gerät in die Anca-Software ist für uns ein Gamechanger. Wir ersparen uns dadurch enorm viel Arbeit und Zeit“, so Stefan Schaefers, Bereichsleiter Technologie bei Fraisa. Hier wird jedes Paket vor Nutzung vermessen und so sichergestellt, dass nur reale Daten genutzt werden. Seit der Einführung im Jahr 2018 wurde das System auf allen Zoller-Geräten und den 20 Anca-Maschinen vor Ort implementiert. „Wir sprechen hier gut und gerne von zehn Schleifscheibenpaketen pro Tag, die bei unseren externen Partnern abgerichtet und dann bei uns im Haus direkt von den Maschinenbedienern vermessen werden“, erläutert Schaefers.

Etwa 20 Prozent kürzere Nebenzeiten

Die Ergebnisse beeindrucken: „Vor allem für die Maschinenverfügbarkeit bringt die externe Vermessung und automatisierte Datenübertragung Fortschritte. Wir waren selber ganz erstaunt, als wir die ersten Auswertungen diesbezüglich erstellt haben und erkannten, dass wir hier 20 Prozent Nebenzeiten einsparen und die Nacharbeitsquote um zehn Prozent senken konnten“, so Stefan Schaefers.
Rund 350 000 Werkzeuge werden jährlich bei Fraisa in Willich nachgeschliffen. Das ‘ReTool‘-Konzept nutzt modernste Produktionssteuerung und Automatisierungslösungen, um den Kunden Einsparungen von bis zu 70 Prozent bezüglich der Kosten und etwa 50 Prozent beim CO2-Footprint gegenüber Neuwerkzeugen bieten zu können. Möglich wird das unter anderem durch eine sehr hohe Anlageneffektivität, die wiederum zum Teil auch auf das Schleifscheibenmanagement zurückzuführen ist.
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Über den ‘WheelServer‘ von Anca lassen sich alle relevanten Schleifscheibeninformationen austauschen – Durchmesser, Scheibenradius, Scheibenwinkel, Flanschmaß und weitere© Anca

Fehlerquote praktisch bei Null

„Unsere Credo ist Erststück gleich Gutstück“, so Schaefers. „Das funktioniert nur, wenn wir unsere Hausaufgaben hinsichtlich Datenhaltung, Vermessung und Handling machen. Dank der Datenübertragung zwischen Zoller und Anca haben wir immer ein schleifbereites Scheibenpaket zur Hand. Die Fehlerquote ist praktisch bei Null durch die garantierte Wiederholgenauigkeit und das bedienerunabhängige Messen. Wenn das Paket passt, ist das Werkzeug nach dem ersten Nachschleifen schon so gut wie in der Simulation.“
Steffen Kluth, Produktmanager für die digitale Fertigung bei Anca, ergänzt: „Das Vermessen an der Zoller- und die Datenübernahme an der Anca-Maschine können durch das Maschinenpersonal erfolgen. Das sind wertschöpfende Aufgaben, die signifikanten Einfluss auf die Qualität haben und so auch die Wertigkeit der täglichen Arbeit steigern. Durch die Datenübertragung sind zudem Schreibfehler ausgeschlossen.“

Basis für weitere Optimierungen

Die modernen Produktionsmethoden und -steuerung bei Fraisa sind Erfolgsfaktoren für das ReTool-Konzept. Diesen Vorsprung sieht Stefan Schaefers und hat auch schon Gedanken zum weiteren Ausbau: „Wir sind uns bewusst, dass man die Nutzung der Konnektivität und Automatisierung kontinuierlich ausbauen muss. Zum Beispiel wollen wir beim Schleifscheibenmanagement noch besser werden. Wir haben 250 verschiedene Varianten an Schleifscheibenpaketen im Umlauf. Zum einen müssen wir die Effizienz der Arbeitsabläufe maximieren und zum anderen sicherstellen, dass wir zu jedem Zeitpunkt ein Schwesterpaket zur Verfügung haben, wenn eines gebraucht wird. Auch da sind wir dran.“
„Ein weiterer, wichtiger Schritt in Richtung integrierter Fertigung von Werkzeugen“, so Anca-Produktmanager Steffen Kluth, „denn das für die Übertragung eingesetzte Datenformat baut auf dem weitläufig bekannten XML-Format auf.“ Dieser Standard wird auch in die zukünftige Spezifikation ‘OPC UA for Cutting Tools‘ überführt werden. Anca hat seit der Einführung des eigenen modularen Automationsbaukastens ‘AIMS 2022‘ das eigene Portfolio für die digitale, automatisierte Werkzeugfertigung weiterentwickelt und trägt zudem zu verschiedenen Standardisierungsprojekten bei, wie zum Beispiel der GDX-Schnittstelle oder umati.
Information & Service

Anwender

Fraisa GmbH
47877 Willich
Tel. +49 2154 48994–0
www.fraisa.com

Hersteller

Anca Europe GmbH
69469 Weinheim
Tel. +49 6201 84669–0
www.anca.com
E. Zoller GmbH & Co. KG
74385 Pleidelsheim
Tel. +49 7144 8980–0
www.zoller.info