Werkzeugschleifen
Ungeahnte Möglichkeiten
Um hoch präzise Werkzeuge zu fertigen bedarf es Hightech-Schleifzentren, die in guter Balance zwischen Produktivität und Flexibilität alle Maßgaben einer Fertigung von Standard- und Sonder-Tools erfüllen – so wie die der Evo-Baureihe von Agathon.
18. August 2021
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Der Produktion eines Präzisionswerkzeugs ist heute ein hochgradig optimierter, iterativer Prozess, dem verschiedene Entwicklungsphasen voraus gehen, bei denen 3D-CAD-Systeme und oft auch numerische Simulationen das Erfahrungswissen sowie den Prototypenbau und Tests ergänzen. Beim Tool-Design definiert man materialwissenschaftlichen Aspekte und Geometrie.
Mit der geometrisch präzisen Konstruktion des Werkzeugs beginnt die Festlegung der Fertigungsstrategie, mit der je nach verfügbaren Maschinen das Designziel mehr oder weniger erreichbar ist. Um etwa die gewünschte Geometrie einfach umfangsschleifen zu können, sollte die Maschine gemäß Zeichnungsansichten programmierbar sowie mit universellen und damit kostensenkenden Spannmitteln ausrüstbar sein. Die Prozessdefinition (Schleifwerkzeug und Prozessparameter) sollte viel Freiheit bieten und möglichst werkstoffunabhängig sein. Beim Einrichten und Einschleifen steigt die Produktivität, wenn Korrekturen einfach und transparent möglich sind.
Bei der eigentlichen Produktion wird je nach Produktsegment ›Standard‹ oder ›Special‹ die Produktivität primär von den Faktoren Taktzeiten, Prozessstabilität, Ausschuss sowie Programmier- und Einrichtzeiten beeinflusst.
Eine typische Schleifbearbeitung von Wendeschneidplatten (WSP) im Quer-Seiten-Plan-Schleifen lässt sich am Beispiel der Kinematik für eine 5-Achs-Maschine verdeutlichen, wie sie in Bild 1 dargestellt ist. Der Schleifbelag (1) wird in X-Richtung axial zugestellt. Die Oszillation des Schleifbelags erfolgt orthogonal dazu in Y-Richtung. Das Werkstück (2) wird zwischen Antriebs- und Spannzapfen im Werkstück-Spindelstock gehalten (B1-Spannsystem).
Durch synchrone Bewegung der rotativen Achsen A, B und C sowie der translatorischen Achsen X und Y lassen sich hoch komplexe Geometrien erzeugen. Um maximale C-Achsen-Schwenkwinkel zu erreichen, lassen sich Werkstücke wie abgebildet auf der linken Belagseite oder – nach Translation der Schleifscheibe in Y-Richtung – auch auf der rechten Belagseite bearbeiten.
Beispiele zeigen die Fähigkeiten des modernen Umfangschleifens
Wozu Werkzeugschleifmaschinen der Evo-Baureihe von Agathon fähig sind, soll im Folgenden anhand von zwei Fallbeispielen demonstriert werden. Im ersten geht es um die Herstellung einer Vierkant-Hartmetall-WSP mit einer Kantenlänge von etwa 12 mm und Mehrfachfasen (Bild 2).
Das Teil kann auf einer Agathon Evo Penta mit 5-Achs-Kinematik in einer einzigen Aufspannung komplett und somit hoch genau geschliffen werden. Mithilfe eines universellen B1-Spannsystems wird es dabei zwischen Antrieb und Spannzapfen fixiert. Ergänzt von einer hohen mechanischen Steifigkeit sowie präzisen Inline-Mess- und Regelsystemen wird hier eine prozessstabile Genauigkeit des Innkreises von ± 5 µm erreicht. Dafür muss die Maschine eine Wiederholgenauigkeit für die Flächen von ± 2,5 µm garantieren.
Die Quellen für Produktivität und Präzision liegen in folgenden Faktoren:
- schnelles Programmieren in frei wählbaren Zeichnungsansichten oder Schnittebenen,
- kurze Taktzeit durch Gesamtbearbeitung ohne Umspannen,
- hohe Maschinensteifigkeit mit dem Ergebnis eines Taktzeitgewinns, der im Vergleich zur Bearbeitung auf einer Universal-Schleifmaschine um den Faktor 6 bis 10 beträgt,
- weitere Steigerung der Abtragrate durch Verwendung des elektroerosiven Abrichtverfahrens PowerGrind für metallgebundene Schleifscheiben, und das, ohne bei der Oberflächengüte Abstriche machen zu müssen sowie
- konstant hohe Produktqualität aufgrund der Stabilität des Prozesses. Um den Prozess zu visualisieren, ist die Messung von Normal- und Tangentialkraft das wichtigste Hilfsmittel für den Prozessentwickler. So wird das vollständige Ausfunken sichergestellt.
Das zweite Beispiel ist die Herstellung einer Dreikant-Hartmetall-WSP mit einem Innkreis von 12,7 mm (Bild 3). Auch dieses Teil kann in nur einer einzigen Aufspannung komplett geschliffen werden, diesmal auf einer neuen Agathon Evo Quinto mit 5-Achs-Kinematik. Die Maschine hat einen sehr großen A-Achsen-Schwenkwinkel, sodass es möglich ist, sogar die Spanfläche in derselben B1-Aufspannung zu schleifen. Der A-Achsen-Schwenkwinkel von über 280° verleiht der Maschine, ergänzt um diverse Spannsysteme und Optionen, eine praktisch unbegrenzte Flexibilität.
Hersteller
Die Quellen für eine hohe Produktivität und Präzision liegen hier in der Fähigkeit, die relevanten Maße direkt zu erfassen und zu korrigieren sowie in der Taktzeit, die infolge des Erzeugens von Umfang, Kontur, Fase und Spanbrecher ohne Umspannen kurz ist. Zudem eröffnet die Option PeriGrind produktive Möglichkeiten des Einstechschleifens und des Erzeugens konkaver Geometrien. Alles in allem lassen sich bislang unerreichbare Rohlingsflächen oder Hartstoff-Tipps ausmessen und bei der Bearbeitung berücksichtigen.
Agathon bietet also mit einem durchgängigen Maschinen-Portfolio mit universeller Bedienoberfläche, Tooling und kombinierbaren Prozessoptionen praktisch für jede Anwendung im Werkzeugschleifen eine optimale Lösung.
Die Langversion des Beitrags enthält das Buch ›Moderne Schleiftechnologie und Feinstbearbeitung – Neue Entwicklungen und Trends aus Forschung und Praxis‹, ISBN 978‐3‐9821211‐9‐2. T
- Autoren
- Dr. Stephan Scholze ist CTO bei Agathon in Bellach
stephan.scholze@agathon.ch
Marcel Züllig ist Leiter des Schleiflabors in diesem Unternehmen
marcel.zuellig@agathon.ch
marcel.zuellig@agathon.ch