PLUSDrehen, Drehfräsen

Überzeugendes Gesamtpaket

Drehfräszentrum – Einzel- und Wiederholteile – OSP-Steuerung – Softwaretools

Die Neuenhauser Gruppe setzt auf wettbewerbsfähige Eigenfertigung. Angesichts kleiner Losgrößen und eines enormen Komplexitätsmixes der Bauteile wurde in ein Drehfräszentrum des Typs Multus von Okuma investiert. Das Gesamtpaket weiß nachhaltig zu überzeugen.
23. Juli 2019
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1 Maschineninnenraum des Drehfräszentrums Multus U4000 bei Neuenhauser mit angestellter B-Achse und 12-fach-Revolver© Hommel
Mittelständische Unternehmen sind das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Sie gelten als kundenorientiert, flexibel in ihren Unternehmenszielen und innovationsfreudig. Alles Attribute, die Großunternehmen gerne für sich beanspruchen, aber nur selten erfüllen.
Eine Unternehmensgruppe mit einer Vielzahl von Tochtergesellschaften, der es trotz fast 3000 Beschäftigter gelungen ist, die Stärken des Mittelstands beizubehalten, ist die Neuenhauser Gruppe.
1955 als Bauschlosserei in Neuenhaus von Hans Voshaar gegründet, machte sich die Firma schnell einen guten Namen als Reparatur- und Zulieferbetrieb für die Textilindustrie. Ein international ausgerichteter Schub kam 1986, als die Meyer Werft ihre Kompressorenfertigung einstellte und dieses Produktportfolio in die Neuenhauser Kompressorenbau GmbH überging. Seitdem bedient die Gruppe unterschiedliche Bereiche: Baugruppen- und Anlagenbau, Lohnfertigung, Komponenten, Baugruppen und Systeme (NCAS – Neuenhauser Components, Assemblies and Systems), Textilindustrie und Automation, Umwelttechnik sowie Spannelemente. Dafür wurden Tochtergesellschaften in den USA, der Tschechischen Republik sowie China, Ungarn und Schweden gegründet.
So unterschiedlich die Branchen auch sein mögen, eines ist den einzelnen Tochterunternehmen gemein: Alle haben einen engen Bezug zum Maschinen- und Anlagenbau, setzen auf einen hohen Eigenfertigungsanteil und eine optimierte Wertschöpfungskette.

Lohnfertigung ist zentraler Aspekt

Damit kommt dem Geschäftsbereich Lohnfertigung eine zentrale Funktion zu. Hier werden nicht nur externe Kunden bedient, sondern auch die Schwestergesellschaften. Dazu Patrick Meyer, Betriebsleiter der Neuenhauser Maschinenbau GmbH: »Unsere Fertigung befindet sich stets im Wettbewerb zu externen Zulieferbetrieben. Ein Vorteil besteht dabei allerdings: Es handelt sich vorwiegend um Kleinserien und Einzelteile, dabei zwar viele Wiederholaufträge aber eben in kleinsten Losgrößen. Das ist kein von üblichen Zulieferbetrieben bevorzugtes Marktsegment. Zudem erfordert unser Produktprogramm nicht nur CNC-Maschinen sondern nach wie vor auch konventionelle Maschinen, die bei einfacheren Einzelteilen und spezifischen Reparatur- und Servicearbeiten wirtschaftlicher sind.«
2 Erfolg im dreischichtigen Komplettbearbeitungsbetrieb (von links): Christian Reinken, HCT-Außendienstmitarbeiter, Dennis Kuite, Fertigungsleiter Drehen bei Neuenhauser und Malte Rutsch, Produktmanager Drehen bei HCT, vor der Multus U4000© Hommel
Kein Wunder also, dass am Standort nahezu ausschließlich Facharbeiter beschäftigt sind. Der Großteil stammt sogar aus der eigenen Ausbildung. So auch Dennis Kuite, heute Fertigungsleiter Drehen, der den Meisterbereich Drehmaschinen mit rund 35 Maschinen und 60 Mitarbeitern verantwortet: »Jeder unserer Mitarbeiter könnte direkt an der Maschine ein Programm erstellen. Falls notwendig, steht alternativ die Unterstützung unserer CAD/CAM- Abteilung zur Verfügung. Wir nutzen schon seit etlichen Jahren für ein begrenztes Teilespektrum die Vorteile, die uns die Komplettbearbeitung via Drehfräszentren bietet. Neben zwei großen WFL-Maschinen haben wir 2014 in eine Zwei-Spindel-Maschine eines sehr bekannten Herstellers investiert und dort Erfahrungen gesammelt, wie man bei komplexen Bauteilen alle Bearbeitungsschritte in einer Aufspannung auf einer einzigen Maschine realisiert.« Patrick Meyer: »Damit konnten nicht nur die Durchlaufzeiten minimiert, sondern auch die Fertigungskosten reduziert werden. Allerdings war die Maschinenkonzeption so ausgelegt, dass wir darauf nur ein begrenztes Bauteilespektrum fertigen konnten.«

Drehfräszentrum mit OSP-Steuerung

So machte sich Dennis Kuite daran, die Geschäftsleitung davon zu überzeugen, dass sich ein weiteres Drehfräszentrum schnell amortisieren und gleichzeitig zwei ältere Drehmaschinen für Futterteile ersetzen könnte. Er untersuchte mit seinem Team eine ganze Reihe zusätzlicher Werkstücke, die für die Komplettbearbeitung geeignet schienen. Schnell war klar, dass damit ein zusätzliches, vor allem aber größeres Drehfräszentrum ausgelastet sein würde. Gleichzeitig begann die Suche nach einem geeigneten Maschinenlieferanten. Schnell kristallisierte sich dabei, neben dem bereits vorhandenen Hersteller, mit Okuma ein weiterer Favorit heraus, und das, obwohl im Drehbereich bislang vor allem auf eine bestimmte CNC-Steuerung gesetzt wurde.
3 Roh- und Fertigteil eines auf der Multus komplett bearbeiteten Zylinders für den Neuenhauser Kompressorbau© Hommel
»Die Entscheidung pro Okuma wäre uns noch viel leichter gefallen, wenn dort unsere ›Haus-CNC‹ adaptiert gewesen wäre. Aber wir haben uns letztlich trotzdem für diesen Kauf entschieden, weil neben den technischen Vorteilen wie etwa einem überlegenen Drehmoment auch noch andere Faktoren dafür sprachen.« Andere Faktoren? »Wir hatten, da wir von einem Tochterunternehmen zwei Okuma-Karusselldrehmaschinen V100 übernommen hatten, hervorragende Erfahrungen mit dem Service des Okuma-Vertriebspartners Hommel gesammelt.« Kurzum: Die Verantwortlichen und der für die Produktion zuständige Geschäftsführer Thorsten Dirks entschieden sich für eine Multus U4000 2SC1500 von Okuma.

Voll ausgelasteter Kostenminimierer

4 Gelungenes Gesamtpaket: Okuma entwickelt seine OSP-Steuerungen, Motoren und Wegmesssysteme exakt angepasst an die eigenen Maschinen© Hommel
Dennis Kuite: »Mit dem Einstieg in die Komplettbearbeitung konnten wir eine Kostensenkung realisieren. Das lag vor allem daran, dass wir alles auf einer einzigen Maschine einbaufertig bearbeiten konnten.« Durch die Multus U4000 konnten inzwischen sogar eine ganze Reihe von Bauteilen von externen Lieferanten wieder zurückgeholt werden. Seit 2018 ist die Multus daher über drei Schichten voll ausgelastet.«
5 Betriebsleiter Patrick Meyer: »Mit dem Kauf der Multus U4000 haben wir nicht nur die Durchlaufzeiten minimiert, sondern auch unsere Fertigungskosten reduziert«© Hommel
Aber auch bei Teilen die aus Qualitätsgründen schon immer in Neuenhaus hergestellt wurden, machte sich die Komplettbearbeitung bezahlt. So wurde bei einem Zylinder aus dem Kompressorenbau eine bemerkenswerte Zeitersparnis realisiert. Vorher musste das Teil auf einer NC-Drehbank vorbearbeitet werden, dann auf ein BAZ zur Bohr- und Fräsbearbeitung und wieder zurück zum Fertigdrehen. Dennis Kuite dazu: »Wir bekommen das Teil jetzt fertigbearbeitet von der Maschine und müssen es nicht wiederholt in die Hand nehmen oder die passenden Werkzeuge oder Spannmittel einwechseln. Zudem ist jeder Umspannvorgang ein potenzielles Qualitätsrisiko.«

Stets kompetente Ansprechpartner

Dipl.-Ing. Malte Rutsch, Produktmanager Drehen im Produktbereich Okuma bei der Hommel CNC-Technik GmbH (HCT): »Als Single-Source-Hersteller entwickelt und fertigt Okuma alle bestimmenden mechanischen und elektrisch/elektronischen Elemente inklusive Steuerung selbst. Während andere Volumenhersteller von CNC-Steuerungen stets die unterschiedlichsten Anforderungen der verschiedenen belieferten Werkzeugmaschinenbauer bei ihren Entwicklungen berücksichtigen müssen, entwickelt Okuma seine OSP-Steuerungen, Motoren und Wegmesssysteme exakt angepasst an die eigenen Maschinen.« Mit einem für den Anwender ganz besonderen Schmankerl, wie HCT-Außendienstmitarbeiter Christian Reinken betont: »Der Kunde kann sich sicher sein, dass unsere Servicetechniker Maschine und Steuerung bis ins Detail kennen. Zudem gibt es mit Hommel immer nur einen Ansprechpartner. Das macht es für den Kunden einfacher.«

Leistungsprofil der Maschine

6 Blick ins Werkzeugmagazin der Multus U4000: Platz für 80 Capto-C6-Werkzeuge© Hommel
Pluspunkte sammelt die Multifunktionsmaschine zudem mit den typischen Okuma-Stärken. Dazu gehören etwa der stabile und vor allem steife Aufbau. Hier spricht schon allein das Maschinengewicht von über 18 t eine deutliche Sprache. Hinzu kommt die gewählte vergrößerte Hauptspindel mit 3000 min-1 und 32 kW sowie innovative Softwareentwicklungen, die sich auf die Leistungsfähigkeit der Multus außerordentlich positiv auswirken.
Von den vielen Aspekten sollen im Folgenden zwei herausgegriffen werden: TFC und CAS. TFC steht für Thermo-Friendly-Concept, das selbst bei größeren Schwankungen der Umgebungstemperatur hohe Bearbeitungsgenauigkeiten zulässt. Malte Rutsch erklärt: »Basis des TFC ist zum einen eine thermisch optimierte Konstruktion, wobei ein Dutzend in den Spindeln und im Aufbau platzierte Sensoren ständig die Ist-Temperatur ermitteln. Weil Okuma für jede Neukonstruktion ein thermisches Profil erstellt und somit die Ausdehnungscharakteristik der Maschinenbaugruppen bekannt ist, kann die OSP-Steuerung negative Temperatureinflüsse in Echtzeit kompensieren.« Die Korrekturen erfolgen in 0,1-µm-Schritten. Der Prozess läuft vom Bediener unbemerkt im Hintergrund simultan zur Bearbeitung ab und hat keinen Einfluss auf die Bearbeitungsdauer.
Was sich hinter dem Kürzel CAS verbirgt, erklärt Christian Reinken: »Das ist ein integriertes Echtzeit-Kollisions-Vermeidungssystem, das Nullpunkte, Werkzeug-Korrekturdaten und Programmbefehle stets einige 100stel Sekunden vor der aktuellen Verfahrbewegung verrechnet und prüft. Verursacht ein NC-Satz möglicherweise eine Kollision, wird die Ausführung unmittelbar gestoppt. Das Einfahren von Programmen wird dadurch wesentlich vereinfacht und beschleunigt.«
Dazu Dennis Kuite: »Als uns im Rahmen der Schulung das CAS präsentiert wurde, waren wir alle skeptisch. Inzwischen vertrauen die Bediener diesem Feature nahezu grenzenlos. Speziell bei Multifunktionsmaschinen wie der Multus, wo die Programmierung nicht immer ganz trivial ist, bringt ein solches Tool beim Einfahren von Programmen eine deutliche Zeitersparnis.«
Letztendlich sind es aber nicht einzelne Punkte, die die Verantwortlichen bei Neuenhauser Maschinenbau GmbH von der Multus U4000 überzeugten, sondern das Gesamtpaket aus Mechanik und Elektronik. So sehr übrigens, dass eine weitere Multus U4000 in einer etwas anderen Version schon in der Diskussion ist.

Unternehmens­information

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