Profilschleifmaschinen
Hochpräzises für die Windkraft
Wenn der bei Windkraftanlagen-Herstellern gefragte Zulieferer Ott 2500-mm-Hohlräder mit speziellen Innenverzahnungen fertigt, setzt er außer auf sein qualifiziertes Personal auch auf die große, robuste und dabei hochgenaue Profilschleifmaschine ‘ZP I/E‘ von Kapp Niles.
28. Februar 2025
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von Martin Witzsch
In Bodelshausen im Landkreis Tübingen ist sie zu Hause, die Zahnradfertigung Ott GmbH & Co. KG. Gegründet im Jahr 1957, kann das Familienunternehmen inzwischen 156 Mitarbeiter und gut 10.000 m2 Hallenfläche vorweisen. Zum Fertigungsspektrum gehören die unterschiedlichsten Verzahnungen und Getriebe für Industrie, Verkehr, Logistik sowie Öl- und Gasförderung.
Zunehmend prägt die Windkraft das Portfolio des Unternehmens, das sich als einer der ersten Zulieferer für diese Branche europaweit etabliert hat. Schon im Jahr 1999 hat Ott hierfür eine Werkzeugmaschine zum Bearbeiten von schrägverzahnten Hohlrädern umgerüstet. Es war klar, dass die Qualitätsansprüche für die Getriebe von Windkraftanlagen nur mit geschliffenen Verzahnungen zu erzielen sind.
Typisch für die Windkraft: große Zahnräder, hohe Ansprüche
Die Kundenanforderungen nach DIN ISO 1328-1 liegen meist bei Qualität 7 oder 6, teilweise auch 5, wie Siegfried Nill, Fertigungsleiter bei Ott, bestätigt: „Die gewünschte Qualität der Oberfläche, die Teilung und die Profilgenauigkeit sind nur mittels Schleifen erzielbar. Dazu kommen Korrekturen im Zahnprofil und an der Flankenlinie wie Kopf- und Fußrücknahmen sowie Endrücknahmen und eine definierte Balligkeit oder Konizität.“ So könne man die Kraftübertragung innerhalb des Getriebes optimieren und die Laufruhe deutlich verbessern. Nill: „Heutzutage kann man Deformationen und Verlagerungen der Bauteile unter Last simulieren. Früher konnte man das nur theoretisch abschätzen, aber heute wissen die Konstrukteure im Voraus, wie sich ein Zahn unter Last verformt, und sie können schon im Vorfeld gegenhalten. Auf diese Weise lässt sich der Traganteil der Verzahnung unter Last maximieren.“
Die Ritzel oder Hohlräder werden – etwas überspitzt formuliert – schräg geschliffen, damit sie sich unter Last gerade abbilden. Maschinen zum Schleifen von Innenverzahnungen bis 2500 mm Durchmesser gehören deshalb schon lange zur Fertigung. Noch einmal Nill: „Windkraftanlagen werden immer größer und leistungsfähiger. Das zieht immer größere Getriebe und damit Zahnbreiten nach sich. Die Getriebebauer haben Jahr für Jahr einen größeren Typ geplant und bei uns angefragt, ob wir das können. Wir haben natürlich zugesagt, entsprechende Maschinen gekauft oder sogar umbauen lassen. So sind wir in das Windgeschäft reingewachsen, speziell im Bereich der Hohlradfertigung, das heißt Innenverzahnung bei großen Teilen.“
Verzahnungs-Profilschleifmaschine hat einen wendbaren Schleifkopf
Kapp Niles gehörte lange Zeit nicht zum Maschinenpark von Ott. Das änderte sich erst 2018, als eine alte Schleifmaschine ersetzt werden musste. Über einen Maschinenhändler wurde man bei Ott auf eine gebrauchte Kapp-Niles-Maschine vom Typ ‘ZP I/E‘ aufmerksam. Diese Verzahnungs-Profilschleifmaschinen dienen dem hochgenauen Schleifen großmoduliger Innenverzahnungen. Eine Besonderheit ist der Schleifkopf: Er lässt sich um 180° wenden, sodass die Werkzeugmaschine in kürzester Zeit für das Schleifen von Außenverzahnungen und Sonderprofilen umgerüstet werden kann.
Die größte Version der Baureihe ermöglicht eine Bearbeitung von Innenverzahnungen mit einem Fußkreisdurchmesser bis 2900 mm. Die gebrauchte Maschine war für 2500 mm ausgelegt. Jens Haag, Mitglied der Geschäftsleitung bei Ott, erinnert sich: „Die Maschine war preislich interessant und hatte nur eine geringe Laufzeit. Obwohl sie gebraucht war, hat sie durch ihre Qualität überzeugt. Deswegen haben wir einige Jahre später auch eine zweite, neue Maschine gekauft, die unsere Produktion sehr gut ergänzt.“
Markus Reißenweber, Vertriebsleiter Amerika und Europa von Kapp Niles, beschreibt die Highlights der Maschine: „Mit dem massiven Schleifkopf erreichen wir eine hohe thermische Stabilität. Gleichzeitig verhindert die steife Konstruktion ein Abdrängen der Schleifscheibe bei der Zerspanung. Ein weiterer Wettbewerbsvorteil ist der geringe Aufwand beim Werkzeugwechsel. Die Schleifscheibe ist einseitig gelagert, sodass der Schleifkopf nicht zerlegt werden muss und ein Schleifscheibenwechsel mit nur wenigen Handgriffen durchgeführt werden kann.“
Die Qualität der Maschine zeigt sich auch in den erzielbaren Oberflächenrauheiten, wie Roland Löffler berichtet, der zuständige Abteilungsleiter bei Ott: „In der Mehrzahl der Aufträge wird ein Ra-Wert von unter 0,8 µm gefordert. Standardmäßig erreichen wir bereits Werte zwischen 0,4 und 0,6 µm. Testweise versuchen wir auch Ra-Werte von 0,2 µm zu schleifen, denn der Trend im Bereich Windkraft geht eindeutig zu höheren Ansprüchen an die Oberflächen, also Ra unter 0,4 µm. Dafür müssen wir gewappnet sein, auch als Lohnverzahner.“ Ursache für diesen Trend sei die wachsende Leistung der Windkraftanlagen und damit die Notwendigkeit, den Wirkungsgrad der Anlagen zu maximieren.
Als hilfreich bei der Fertigung sieht man bei Ott auch das integrierte Messsystem zur Verzahnungsmessung. Dazu Jens Haag: „Wir messen fertigungsbegleitend, um unsere Qualität zu halten. Wenn das System einmal eingestellt ist und die äußeren Einflüsse passen, kann man sich auf die Ergebnisse verlassen.“
Kein separates Fundament nötig und kein Schacht für Schleifmedien
Normalerweise benötigen Maschinen dieser Größenordnung ein Fundament, das bis auf den gewachsenen Boden geht. Das können 3 oder auch 6 m sein. In der Baugrube muss dann ein spezielles Fundament gegossen werden, mit dem die Maschine verschraubt wird. Nicht so bei der ZP I/E. Der Boden muss einfach nur das Gewicht aufnehmen, was ein moderner Schwerlastboden oft sowieso schon kann.
Der Hallenboden bei Ott stammt aus den siebziger Jahren und musste deshalb verstärkt werden. Trotzdem war der Sockel weit kostengünstiger als die geforderten Fundamente anderer Hersteller. Dazu Jens Haag: „Das hat auch für meine Entscheidung eine große Rolle gespielt. Das Fundament kann bei so großen Maschinen leicht 200.000 Euro kosten. Das ist nicht zu vernachlässigen.“ Siegfried Nill ergänzt: „Bei einer Lagebesprechung zu den Aufbauzeiten gab Kapp Niles drei oder vier Wochen an. Das hielt ich für unmöglich. Aber wenn man weiß, dass man die Konstruktion nicht mit dem Untergrund verschrauben muss, dann funktioniert das. Damals wurde mir auch bewusst, wie stabil die Maschine ist.“
Ein weiterer Vorteil ist die Führung für die Schleifmedien. Bei manchen Herstellern ist ein Schacht unter der Werkzeugmaschine erforderlich, um das abfließende Kühlschmiermittel aufzufangen. Bei Kapp Niles dagegen befinden sich alle Aggregate auf derselben Ebene wie die Maschine.
„Für uns als Lohnverzahner ist Flexibilität sehr wichtig“, betont Jens Haag. „In der Großserienfertigung gibt es manchmal für jeden Artikel eine eigene Maschine. Wir schleifen morgens eine Innenverzahnung, mittags eine Außenverzahnung und am nächsten Tag eine Welle. Da ist es entscheidend, ob der Kopfwechsel fünf oder nur zwei Stunden dauert.“ Er spielt damit auf den Umbau des Schleifkopfes von Innen- auf Außenverzahnung an. Neben dem schnellen Werkzeugwechsel ist das ein weiteres Highlight der Schleifmaschine. Die Anschlüsse für Hydraulik und Elektrik können beim Wechsel am Kopf verbleiben. Diese abzuziehen und wieder aufzustecken, kostet nicht nur Zeit. Es kann dabei auch leicht zu Verunreinigungen, Kontaktfehlern oder Leckagen kommen. Noch einmal Jens Haag: „Vom Beginn des Kopfwechsels bis zum Start des neuen Werkstücks vergehen gerade einmal zwei Stunden. Das ist für uns ein wichtiger Punkt.“
In der Konsequenz erwies sich die Entscheidung der Ott Zahnradfertigung pro Kapp Niles in jeder Hinsicht als richtig. „Bei unseren Standardverzahnungen gab es keine Qualitätsprobleme, aber es gibt immer mehr Sonderanfertigungen, bei denen unsere Maschinen an Grenzen stießen“, beschreibt Siegfried Nill die Ausgangslage. „Ein Kriterium für die neue Schleifmaschine war deshalb, dass wir die Flankenlinie genau abbilden können, vor allem den Bereich, in dem die Schleifscheibe ins Werkstück eindringt. Bei Kapp Niles merkt man, dass das Werkzeug kaum abgedrängt wird. Da überzeugt die Konstruktion auf der ganzen Linie.“ Jens Haag bestätigt das: „Mit den Flankenlinien hatten wir immer wieder Probleme. Das Thema haben wir bereits mit der gebrauchten Maschine in den Griff bekommen, selbst wenn wir Modifikationen schleifen.“ Auch Roland Löffler ist von der Qualität angetan: „Mit einigen anderen Maschinen hatten wir im Ein- oder Auslauf Abweichungen, eine Art Nasen. Das Problem konnten wir lösen. Bei einer Verzahnungsbreite von 600 Millimetern kann man ans Protokoll ein Lineal anlegen und sieht keine Abweichung. Das hat uns beeindruckt.“
Ott schätzt auch den Service
Das Team der Ott Zahnradfertigung fühlte sich bereits im Vorfeld gut beraten, erinnert sich Siegfried Nill: „Wir haben uns bei der Kontaktaufnahme und dem Werkbesuch abgeholt gefühlt. Alle wichtigen Leute waren am Tisch. Es gab handfeste Antworten, und Versprechen wurden gehalten.“ Roland Löffler kann das nur bestätigen: „Als wir mit unseren Problemen nach Berlin kamen, hatte Kapp Niles sich damit schon auseinandergesetzt und Antworten parat. Das war sehr überzeugend. Das betrifft auch den Service nach dem Kauf. Die Maschinen laufen zuverlässig, aber wenn es doch einmal ein Problem gibt, können wir uns darauf verlassen, dass am nächsten Tag ein Techniker zu uns kommt.“
Auch Geschäftsleitungsmitglied Jens Haag ist überzeugt: Wir sind im Markt für unsere Qualität bekannt und dafür, dass wir diese konstant halten, nicht nur bei einem bestimmten Artikel, sondern immer. Dafür braucht man Know-how, qualifizierte Mitarbeiter und die richtigen Maschinen. Zu Kapp Niles kann man sagen: Alles ist etwas einfacher geworden ― angefangen vom Fundament bis hin zum Kopfwechsel. Trotzdem stimmt die Qualität. Das ist eine tolle Kombination.“
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