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Einzelfertigung mit Stückkosten wie in der Serie

Fastems Open-House – Flexible Fertigungssysteme – Losgrößenunabhängige Fertigungskosten

Lohnfertiger Kempf CNC-Technik demonstriert als Gastgeber des alljährlichen Open-House von Fastems, wie ein hoher Automatisierungsgrad für Wettbewerbsfähigkeit sorgt.
23. Juli 2019
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1 Betriebsleiter Steven Wolter (links) und geschäftsführender Gesellschafter Stefan Kempf präsentieren ihre State-of-the-Art Automatisierung, die mit Systempartner Fastems realisiert wurde© Hanser
Ein wichtiger Grund, weshalb die diesjährige Open-House-Veranstaltung von Fastems nicht am deutschen Hauptsitz in Issum stattfand, war zugleich auch der überzeugendste: Der Lohnfertiger Norbert Kempf CNC-Technik hat zusammen mit Systempartner Fastems das Werkstückhandling auf Paletten sowie das Werkzeugmanagement konsequent automatisiert. Und zwar in einer Dimension, die bisher in der Fertigungslandschaft Deutschland einzigartig ist.
Das zog an zwei Veranstaltungstagen rund 250 Gäste ins Saarland, die sich außerdem in Fachvorträgen von Produktionsexperten, darunter Dipl.-Ing. Michael Lickefett und Prof. Dr.-Ing. Thomas Bauernhansl, beide vom Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart, von den Folgen der digitalen (R-)evolution für die gesamte Unternehmensorganisation informieren konnten.
Bei dem erklärten Ziel der personalisierten Produktion zu Preisen der Serienfertigung zeigte Lickefett die Stellhebel auf: Die wichtigsten Eigenschaften in einer zunehmend digitalen Welt seien Vernetzungsfähigkeit, Flexibilität und Wandlungsfähigkeit sowie Intelligenz. Dies gelte es auf die betrieblichen Gestaltungsfelder, die Strategie, die Geschäftsprozesse, auf die Produktion selbst und auf die erforderlichen Betriebsmittel anzuwenden. Nur so sei der steigenden Komplexität, die durch Metatrends wie Globalisierung, Regionalisierung und Individualisierung geprägt ist, beizukommen.
Allerorts Zustimmung – doch der Transfer auf die eigenen betrieblichen Umstände und die dort erforderlichen Veränderungen gestaltet sich schwierig. Ein Glück, dass den Besuchern des Open-House ein Paradebeispiel für Zukunftsfähigkeit in Form des tatkräftigen Geschäftsführers der Norbert Kempf CNC-Technik, Stefan Kempf, eine reale Übersetzung des soeben Gehörten bietet. Zu seiner Motivation, die Automatisierung seiner Fertigung zu vervollständigen, erklärt er: »Ich war es leid, jeden Tag mit den gleichen Problemen und Ursachen konfrontiert zu werden. Das wollte ich von Grund auf ändern«.
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2 Die Werkzeugversorgung der Fertigungsstraße erfolgt per Roboter aus einem Gantry Tool Storage © Hanser
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3 Werkzeuge werden an einen zweiten Roboter übergeben, der mittels Traverse sogar die Hallengrenzen überwindet, um auf ein weiteres zentrales Tool Storage zuzugreifen © Hanser

Mit System zur Prozesssicherheit

Mehrere Prinzipien verwirklichte Kempf in seiner mustergleichen Fertigung: Eine Maschinenmonokultur und die gleiche CNC-Steuerung auf allen Maschinen machen seine Mitarbeiter flexibel und erlauben die Bearbeitungsoperationen je nach Anforderung auf eine oder sämtliche Maschinen zu verteilen. Für die Auslastung des Maschinenparks ein enormer Vorteil. Seine ganz besondere Aufmerksamkeit widmete Kempf dem Toolmanagement. Einheitliche Werkzeugschnittstellen und ein 4000 Plätze umfassender Werkzeugspeicher, teils in Gantrybauweise und teils als zentraler Werkzeugspeicher konzipiert, werden über fünf Fanuc-Roboter automatisiert bestückt und an die Bearbeitungszentren verteilt. Insgesamt sind bei Kempf im Fertigungsverbund 21 horizontale 4-Achs-Bearbeitungszentren mit Lagerplätzen für 309 Maschinenpaletten und 200 Rohmaterialpaletten vernetzt. An 24 Ladestationen werden die Materialpaletten in das System ein- und wieder ausgeschleust. Die Roboter zum Werkzeugtransport haben einiges zu tun; Rund 800 Transporte aus den zentralen Werkzeugspeichern erledigen sie täglich. Das automatisierte Palettenhandling kommt auf 1800 Bewegungen. Die rund 100 Mitarbeiter, die im 3-Schicht-Betrieb eingeteilt sind, werden entlastet. Kempf erschließt damit weitere Werkerkapazitäten, die für hochqualifizierte Tätigkeiten verwendet werden.
Doch erst die konsequente Ausweitung der Automation auf vor- und nachgelagerte Prozesse bringt das Potenzial der Anlage zur Geltung. Mit der Planungsautomation, die eine Terminplanung sowie einen Ressourcencheck nach Rohmaterial, Werkzeugen und CNC-Programm umfasst, werden mögliche Fehlerursachen und Wartezeiten eliminiert. Die Transportautomation, die den Daten-, Werkzeug-, Spannmittel- und Materialtransport beinhaltet, zahlt ebenfalls auf das Ziel der Durchlaufzeitenverkürzung und der Fehlerminimierung ein. Schließlich wird die produzierbare Qualität an wichtigen Schlüsselstellen der Prozesskette, wie der Werkzeugmontage und der Werkstückeinrichtung überwacht und – natürlich ebenfalls automatisiert – dokumentiert.
Da zu jedem Produktionsauftrag ein vollständiger Datenpool, der alle Informationen von etwa benötigten Vorrichtungen, Sonderwerkzeugen bis hin zur Produktionsfreigabe enthält, können die Folgerüstkosten bei einem erneutem Auftrag eliminiert werden, da alle Prozessschritte bekannt sind und automatisiert erfolgen.
Fastems nutzte die Open-House-Veranstaltung auch für die Premiere der Automationslösung RoboCell One, die sich besonders für schwere Werkstückgewichte bis 80 kg eignet. Darüber berichten wir gesondert in der kommenden Ausgabe.
Am Rande des Events blieb Zeit für ein kurzes Gespräch mit dem neuen CEO der Fastems-Muttergesellschaft aus Finnland, Mikko Nyman. »Agile Manufacturing wird immer mehr zum Erfolgsfaktor einer wettbewerbsfähigen Fertigung. Ich bin zu 100 Prozent überzeugt, dass in einer partnerschaftlichen Beziehung zum Kunden für beide Seiten der größtmögliche Nutzen entsteht. Unsere Lösungen für die agile Fertigung können den Arbeitsalltag revolutionieren. Der heutige Gastgeber ist das beste Beispiel hierfür«.