Hermle Open House 2025

Der Glaube versetzt (Heu)Berge

Nachhaltige Entwicklungs- und Investitionstätigkeiten, die sich vom aktuell zähen Tagesgeschäft abheben, sollen Hermles Prosperität sichern. Das Open House, infolge intensiver Baumaßnahmen räumlich eingeschränkt, zeigte zudem Innovationen bei Maschinen und Automation. Ein Nachbericht mit Bildergalerie.
25. Juni 2025
Regionaler Klassiker: die gefräste Schwarzwälder Kuckucksuhr hat das Potenzial, zum Lokalpatrioten unter den beliebtesten Schau-Werkstücken aller Hermle-Hausausstellungen zu avancieren© Hanser
Stillstand und Hermle – das passt nicht zusammen. Seit Jahrzehnten erweist sich der auf dem Heuberg und damit auf der Spitze der Schwäbischen Alb beheimatete Hersteller von Werkzeugmaschinen und Automationslösungen als rege beim Ausbau neuer Technologien, Services und Geschäftsfelder. Dabei verfolgt man einen im besten Sinne schwäbischen Strategieplan, der geprägt ist von Bodenständigkeit und dem berechtigten Glauben an die eigenen Stärken – was nachhaltig auf die Resilienz des Unternehmens einzahlt.
Neben dem 2014 als Vorstandssprecher in den Aufsichtsrat gewechselten Dietmar Hermle ist Franz-Xaver Bernhard unbestritten das zweite ‘Gesicht‘ des beständigen Erfolgs der zurückliegenden Dekaden. Nach knapp 42 Jahren Hermle-Zugehörigkeit wird Bernhard jedoch Ende 2025 planmäßig seinen Platz als Vorstand Vertrieb, Forschung & Entwicklung für Kai Bacher räumen. Dieser, auch schon seit über 20 Jahren bei Hermle tätig, vollzieht derzeit in der Funktion des Vertriebs-Generalbevollmächtigten geräuschlos die Wachablösung. Auch das typisch Hermle.
Scheiden tut weh: Noch-Hermle-Vorstand Franz-Xaver Bernhard (links) bei seiner letzten Pressekonferenz ‘in duty‘; der designierte Nachfolger Kai Bacher hingegen feierte seine Premiere© Hanser

Wandel als Sinnbild des Erfolgs

Zu den zentralen Errungenschaften des permanent praktizierten Wandels darf man den Aufbau einer zweiten Baureihe an ‘Einsteiger‘-Maschinen (Performance Line) zählen, die Etablierung des additiven ‘MPA‘-Verfahrens, den Auf- und Ausbau eigener Automationslösung und Softwaretools, die Internationalisierung, den Aufbau einer Eigenfertigung von Mineralgussbetten und Maschinenumhausungen sowie einer auslastungsvariablen Produktion.
All das führt zu Wachstum und das erfordert Platz. Aktuell im Aufbau: das neue Vorführzentrum, eine neue Kantine und zusätzliche Parkplätze. Weiterhin wurde der Standort Zimmern ob Rottweil um neue Hallen für die Bevorratung von Ersatzteilen erweitert und die Großteilebearbeitung mittels neuer XXL-Zentren leistungsfähiger gemacht. Eine neue Montagehalle für die stark gefragten Automationslösungen sowie eine modernere Ausbildungswerkstatt runden das Investitionsportfolio ab.
Die Generation 2 auf dem Vormarsch: zum Open House 2025 folgten mit den Modellen C 250 (im Bild), C 400 und C 22 Gen2 die Nummern vier bis sechs der modernisierten BAZ-Varianten© Hermle
Bis Mitte 2027 sollen diese Maßnahmen, die in Summe rund 60 Millionen Euro kosten, den Stammsitz und die angegliederten Werke zukunftsfähiger machen. Hinzugekommen ist schließlich auch eine neue Tochter, die sich auf die Spindelfertigung fokussiert.

Erweitertes Portfolio an Generation-2-Maschinen

Zurück zum Open House 2025: Mit dem Zusatz ‘Generation 2‘ (Gen2) versieht Hermle seine modernisierte Maschinengeneration, bei der zahlreiche Soft- und Hardwarekomponenten auf neueste Technologie ausgelegt wurden. Die Energieeffizienz und das KSS-Management wurden modifiziert, das verfügbare Spindelportfolio aktualisiert und die neueste Steuerungsgeneration von Heidenhain (TNC7) und Siemens (Sinumerik One) gehen an den Start. Das Rollout begann 2024 mit den Modellen C 650, C 32 und C 42 Gen2. Zum Open House 2025 kamen drei weitere Modelle hinzu: die C 250, die C 400 und die C 22 Gen2. Die C 12, C 52 und C 62 werden bis zur EMO im September ebenfalls als Gen2-Modell folgen.
Blick ins Roboter-Automationssystem RS 2 Gen2: die flexibel gestaltbaren Regalmodule ermöglichen eine intelligente Ablagestrategie© Hermle

Meilenstein der Flexibilität

Im wahrsten Sinne Luft aus dem bestehenden System gelassen und damit einen enormen Flexibilitätszuwachs geschaffen hat Hermle beim Roboter-Automationssystem ‘RS 2‘ in der nun vorliegenden neuen Gen2-Ausführung. Als „Meilenstein“ bezeichnete Kai Bacher die nunmehr erreichte Modularität für eine individuelle Gestaltung der Regalmodule entsprechend des Teilespektrums der Kunden. „Bisher war es ein zentraler Bestandteil der Projektierung, die Speicherkapazität, respektive die Regalgestaltung auf Basis der größten Bauteile vorzunehmen, die über die Automation laufen sollten. Das ergab im Alltag bei der Bearbeitung kleinerer Bauteile fallweise spürbar Luft im System. Dieses Potenzial haben wir mit unserem neuen Konzept gehoben.“
Sechs Basisregalmodule bieten eine Vielzahl an Ablagemöglichkeiten und Varianten. Sie dienen der Bevorratung von Paletten, Werkstückträgern, Matrizen und diversen Greifern. Durch die sich ständig anpassende Bevorratung in den neuen, breitenflexibel und höhenoptimierten Regalen reduzieren sich manuelle Regalanpassungen konsequent. Somit ist keine starre Regaleinteilung wie bisher notwendig.
Das neue Hermle-Handlingsystem ‘HS flex hybrid‘: hier mit zwei Speichermodulen adaptiert an eine C 400© Hermle
Das System lässt sich an ein, zwei oder drei Hermle-BAZ – identisch oder unterschiedlich – anbinden. Verschiedene Rüstplatzvarianten ermöglichen eine komfortable Werkstückeinschleusung. Ein zentraler 6-Achs-Roboter mit bis zu 210 kg Traglast versorgt alle Maschinen effizient. Ein Laserüberwachungssystem am Rüstplatz prüft die Werkstückhöhe und kontrolliert die maximale Breite der Paletten/Trägersysteme bevor der Roboter die Palette oder das Trägermodul in die Regalmodule ablegt. Die Steuerungssoftware erkennt freie Kapazität im Regalmodul und legt die Palette/das Trägersystem platzoptimiert im chaotisch organisierten Lagersystem ab.
Fazit: Das neue RS 2 Gen2 ist ein hochflexibles Robotersystem in vier Ausbaustufen, das 13 oder 16 m2 Platz benötigt. Es ist aktuell mit sieben Maschinenmodellen kompatibel. Eine Steuerungssoftware erleichter die Bedienung der Anlage, die Verwaltung der Aufträge und Prozesse und die Steuerung der Abläufe.

Weiterentwickelte Einstiegslösung

Neues gibt es auch beim Handlingsystem ‘HS flex‘, wo es ab sofort neben den bewährten Varianten ‘HS flex‘ und ‘HS flex heavy‘ das neue ‘HS flex hybrid‘ gibt. Es eignet sich für Bauteile bis 450 kg, die auf der Basis von Paletten oder Schraubstöcken in die Bevorratung oder direkt in die Maschine befördert werden können. Das intuitiv bedienbare Handlingsystem, dessen Auftragsverwaltung die ‘HACS‘-Software regelt, ist an die BAZ-Modelle C 12, C 22, C 32, C 42, C 250 und C 400 adaptierbar.
Bildergalerie

Vorträge, Rundgänge und auf 20 Maschinen Branchen-Applikationen

Die Besucher konnten sich den Tag auf dem Heuberg wie gewohnt beliebig vollpacken: mit Experten-Fachvorträgen zu Trendthemen, einem Exkurs in die additive MPA-Technologie, einem Einblick in die Service-Kompetenz Hermles, einer Beantwortung von Anwenderfragen zu Technologien und Hardware, einer Infoveranstaltung über die Vielfalt von Anwenderschulungen sowie Betriebsführungen in Gosheim und am Standort Zimmern ob Rottweil.
Alljährlich ist der Schaulauf sämtlicher Maschinenmodelle, die mit oder ohne Automation sowie gemeinsam mit explizit genannten Technologiepartnern für die Live-Prozesse ertüchtig wurden, das Highlight der Ausstellung. An 20 Stationen wurden erneut kreative Werkstücke gefertigt, die in Summe die Anforderungen in den seitens Hermle adressierten Branchen repräsentieren. Prädikat erlebenswert.